Spielecover: Heart Of Iron IV

Hearts of Iron IV

Als vierter Teil der Hearts of Iron-Reihe bildet auch Heart of Iron IV ein Globalstrategiespiel, in dem die Spielenden als uneingeschränkte Entscheidungsträger*innen über eine Nation deren Sieg im Zweiten Weltkrieg herbeizuführen suchen. Das Spielgeschehen konzentriert sich dabei auf Ressourcenmanagement und militärische Operationen.

Allgemeine Infos

  • Entwickler: Paradox Development Studio (Schweden)
  • Publisher: Paradox Interactive
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Genre: Real Time Strategy, Simulator, Strategy
  • Thema: Nationalsozialistische Herrschaft, Wirtschaft, Zweiter Weltkrieg
  • Zugänglichkeit: Deutsche Sprachversion, Englische Sprachversion
  • Vermittlungspotenzial Gering
  • Zeitaufwand Hoch
  • Komplexität Hoch
Erklärungen zur Bewertung

Trailer

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Erinnerungskulturelle Einordnung

Autor: Bastian Dawitz

Bastian Dawitz begeistert sich für sog. „History Games“ und forschte an Geschichtsbildern Digitaler Spiele in einer Studentischen AG der Uni Paderborn.

Spieler*innen führen eine Nation ihrer Wahl durch die Zeit von 1936 bis 1948 und helfen im Rahmen des aufziehenden 2. Weltkriegs einer von drei Großfraktionen Achsenmächte, Alliierte oder Komintern zum Sieg. Gewonnen wird das Spiel nur durch eine vollständige Kapitulation aller Kriegsgegner, separate Einzelkriege und Friedensschlüsse sind nicht möglich beziehungsweise enden erst als Teil eines weltumspannenden Großkonflikts.

Am ehesten nehmen die Spielenden die Rolle von Staatsoberhäuptern ein, allerdings mit viel größeren Handlungsspielräumen: Sie erforschen Technologien, führen Diplomatie, leiten die Produktion von Kriegsgütern und Waffensystemen, den Bau von Infrastruktur-Gebäuden wie Fabriken und Flughäfen, verwalten die Zusammensetzung von Divisionen und die Kriegslogistik und kontrollieren sämtliche Militäreinheiten des Staates. Der Verlauf des Spiels ist bewusst sehr offen gehalten und beinhaltet eine hohe Wahrscheinlichkeit des Auftretens kontrafaktischer Geschichte.

Video-Kurzreview

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Erinnerungskulturelle Bedeutung

Hearts of Iron IV erfreut sich sehr hoher Beliebtheit mit einer fünfstelligen Spieler*innen-Anzahl pro Tag allein auf der Plattform Steam. Es versucht sich dem Phänomen eines sich entfachenden und totalisierenden Weltkrieges aus überwiegend militärisch-wirtschaftlicher Perspektive anzunähern.

Als neuester Teil der Hearts of Iron-Reihe betont es stärker als seine Vorgänger und andere Strategiespiele den kontingenten Charakter des Verlaufs des Zweiten Weltkriegs, z. B. durch alternative Entscheidungsbäume einzelner Länder. Ähnlich zu anderen Spielen des Genres ist wiederum ein deutlicher Fokus auf militärische Kriegsführung, aber auch auf wirtschaftliche Aspekte wie z. B. die Produktion kriegswichtiger Güter und deren logistischer Transfer zu den Frontlinien sowie der Bau von Fabriken, Infrastruktur und anderer militärisch wichtiger Einrichtungen.

Wie in vielen Spielen zum Zweiten Weltkrieg üblich werden einige Aspekte bewusst ausgeblendet: So fehlen Verweise auf diverse Kriegsverbrechen an historischen Schauplätzen und den Holocaust. Außerdem werden Opfer auf ziviler Seite nicht thematisiert, obwohl es sie als abstrakte Zahl im Spiel durchaus gibt und seit dem DLC La Résistance u. a. auch Besatzungspolitiken wie „Zwangsarbeit“ und „Brutale Unterdrückung“ existieren.

Diskussionspunkte

Hearts of Iron IV steht wie viele digitale Spiele zum Zweiten Weltkrieg immer wieder in der Kritik für die Ausblendung des Holocaust, Kriegsverbrechen und generell einer kaum sichtbaren Thematisierung der immensen zivilen Opfer in diesem Krieg. Möglichen Diskussionen im Forum des Publishers Paradox Interactive werden seit Jahren mit einer generellen Tabuisierung dieser Aspekte ein Riegel vorgeschoben. So heißt es in einem Eintrag: „There will not be any gulags or deathcamps (including POW camps) to build in Hearts of Iron4, nor will there be the ability to simulate the Holocaust or systematic purges, so I ask you not to discuss these topics as they are not related to this game.“

Hier steht der Fokus des Spiels auf Aspekte eines Totalen Krieges im Konflikt mit Themen, die für den Hersteller offenbar als zu kontrovers empfunden werden. In der Folge erzählt man im Spiel die Geschichte eines klinisch sauberen Krieges.

Zudem ist die Grundsystematik der eskalierenden weltweiten Spannung im Spiel problematisch: Trotz der prinzipiellen Offenheit was den Verlauf angeht, trudelt die Welt zwangsläufig einem globalen Krieg entgegen. Eine Abwendung erscheint in der Spiellogik völlig unmöglich.

Außerdem tendiert Hearts of Iron IV zur Technisierung des Konflikts durch eine Überbetonung der ständigen Verbesserung von Kriegsmaterial.

Einsatzmöglichkeiten

Beim Einsatz des Spiels sollte auf die im Spiel tabuisierten Elemente des Zweiten Weltkriegs ergänzend eingegangen werden und auf die Problematik, dass der Zweite Weltkrieg damit als klinisch reines Weltereignis erzählt wird. Man müsste begleitend das Konzept des Totalen Krieges umfassend beleuchten, damit die Lernenden ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass dieses Konzept in seinen Auswirkungen noch viel weiter geht als in Hearts of Iron IV angedeutet wird.

Im Fokus könnte bei der Vermittlung die Erkenntnis stehen, dass man durchaus positiv bewerten kann, den Kriegsverlauf durch verschiedene Optionen der Schwerpunktbäume einzelner Länder relativ offen zu halten und damit Kontingenzerfahrung im Spiel zu ermöglichen. Zugleich müsste man aber kritisch auf die z. T. oberflächliche oder gar nicht vorhandene Einordnung von Schlüsselereignissen darin eingehen sowie auf die Unabwendbarkeit des Kriegsausbruchs als Kern des Spielkonzepts.

Aufgrund des schieren Umfangs des Spiels bietet sich das Anschauen von Let’s Plays zu einzelnen Nationen als Grundlage für den Einsatz stark an.
Insgesamt können Spielende ihr Bewusstsein für eine in Spielen zum Zweiten Weltkrieg dominierende Erzählung an diesem Beispiel schärfen und kritisch hinterfragen und gleichzeitig das Potential von als sog. Sandboxen angelegten Spielen einordnen.


Weiterführendes Material

Zitierempfehlung

Dawitz, Bastian. „Hearts of Iron IV“. Datenbank Games in der Erinnerungskultur. Stiftung Digitale Spielekultur, 24.06.2021. [ULR], zuletzt aufgerufen am: [Datum]

Förderer

Dieser Beitrag wurde finanziert durch Fördermittel der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ).