Battlefield V
Battlefield V gehört zum beliebten Genre der „Weltkriegs-Shooter“: Es spielt im Zweiten Weltkrieg und die Spieler*innen kämpfen gegen Nazis – und in einer so genannten „War Story“ („Kriegsgeschichte“) sogar an deren Seite.
Trailer
Erinnerungskulturelle Einordnung
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Battlefield V gehört zum für lange Zeit sehr beliebten Genre der „Weltkriegs-Shooter“: Es spielt im Zweiten Weltkrieg und man kämpft gegen Nazis – und in einer so genannten „War Story“ („Kriegsgeschichte“) sogar an deren Seite. Diese Kriegsgeschichten sind der Einzelspieler-Modus, der Spieler*innen zu weniger bekannten Schauplätzen des Kriegs führt und dort kurze, abgeschlossene Geschichten erzählt.
Im Shooter nehmen Spieler*innen die Rollen einzelner Soldaten und einer Widerstandskämpferin ein: Soldaten in Algerien, Südfrankreich und Deutschland sowie einer Partisanin in Norwegen.
Dabei wird typisch militärisch vorgegangen. Die Spieler*innen nehmen Stützpunkte ein, arbeiten hinter feindlichen Linien oder schlüpfen in die Rollen eines deutschen Panzerkommandanten. Man schießt auf andere Soldat*innen.
Im Mehrspieler-Modus wird der gewaltsame Wettkampf in verschiedenen Spielmodi auf einzelnen Schlachtplätzen mit bis zu 64 Spieler*innen fortgeführt. Die Alliierten kämpfen hier gegen die Achsenmächte.
Video-Review
Erinnerungskulturelle Bedeutung
Computerspiele, die den Zweiten Weltkrieg aus der Perspektive der Nationalsozialisten zeigen, sind aus erinnerungskultureller Sicht selten gelungen. Battlefield V gelingt es zumindest, eine fundierte Diskussionsbasis zu liefern. Unzuverlässige Zeitzeug*innen-Berichte sind ebenso Thema wie Desertation. Bemerkenswert ist außerdem, dass die Rolle der Zivilbevölkerung fast vollständig ausgelassen wird.
Die Battlefield-Reihe geht bis in das Jahr 2002 zurück und zählt zu den großen Marken der Kriegs-Shooter. Ursprünglich startete Spielreihe im Zweiten Weltkrieg und widmete sich anschließend lange der modernen Kriegsführung. Mit Battlefield V ging es zurück zu den Wurzeln der Serie.
Dabei ist die Spieleserie vor allem für ein äußerst chaotisches, filmreifes Action-Spektakel bekannt, das wenig mit Authentizität zu tun hat. Die Spieler*innen können mit einzelnen Soldat*innen sowohl zu Fuß, im Panzer oder auch im Flugzeug in der Schlacht aktiv werden. Trotzdem wurde auch hier die Authentizitätsdebatte um NS-Uniformen oder Frauen im Krieg vehement geführt.
Gerade in den Einzelspieler-Missionen bietet Battlefield V durchaus interessante Experimente. Eine Partisanin bzw. Widerstandskämpferin sowie britischen Spezialeinheiten sind eher übliche Kost. Senegalesische Freiwillige auf Seiten Frankreichs, deren Geschichte sich rund um Rassismus dreht, sowie ein deutscher Panzerkommandant, der vom Systemgehorsam abweicht und Reue zeigt, sind selten gewählte Perspektiven.
Diskussionspunkte
An Battlefield V haben sich kontroverse Debatten entflammt. Schon der erste Trailer wurde in den Sozialen Medien (vor allem auf YouTube und Reddit) bereits vor Erscheinen heftig kritisiert. Dort zeigen die Entwickler*innen progressive Bilder, etwa Soldat*innen, die mit Prothesen kämpfen. Der Kriegsschauplatz wirkt wie ein Actionfilm: Bunt, viele Explosionen und unübersichtliche Abläufe. Das wurde zwar ebenfalls kritisiert, aber vor allem die gezeigten Prothesen sowie die weiblichen Spielfiguren ließen die Diskussionsfäden geradezu Feuer fangen. Das Entwicklerstudio reagierte und änderte im letzten Jahr der Entwicklung in Richtung (Objekt-)Authentizität.
Dies reichte vielen User*innen – laut Studien hauptsächlich männlich – noch nicht. Neben fehlenden Hakenkreuzen und authentischen Uniformen stieß vor allem das Verbleiben von weiblichen Spielfiguren auf weitere Ablehnung. Diese oft aggressiv geführte Debatte führte dazu, dass selbst zum Erscheinen des Spiels kaum konstruktive Diskussion möglich waren. Erste Patches „entschärften“ weibliche Todesschreie. Die Community beruhigte sich jedoch nicht mehr.
Spannend ist zudem das Weglassen der Zivilbevölkerung in einem Shooter zum Zweiten Weltkrieg, der auch Kriegsverbrechen thematisiert. In der Kriegsgeschichte aus NS-Perspektive bleibt so zwar Fahnenflucht das zentrale Thema, in Einblendungen wird der „totale Krieg“ erwähnt und von zivilen Opfern gesprochen, aber dennoch sind Spielschauplätze wie Städte fast menschenleer.
Einsatzmöglichkeiten
Mit Battlefield V fand die Diskussion innerhalb der Spielkultur über die Teilnahme von Frauen am Zweiten Weltkrieg einen erschreckenden Höhepunkt. Da die von einigen lauten Spieler*innen geforderte „historische Korrektheit“ für sie mittelfristig nicht „zufriedenstellend“ ausfiel, wurde das Spiel trotz langjähriger Hoffnung schon bald nach der ersten Erweiterung, die den Pazifik als Kriegsschauplatz hinzufügt, stillgelegt. Battlefield V bietet somit nicht nur eine Diskussionsgrundlage für den Umgang von digitalen Spielen mit dem Zweiten Weltkrieg, sondern ebenso für die Thematisierung von Misogynie in Gaming-Subkulturen sowie der von vielen Vorannahmen geprägten Erwartung an „historische Korrektheit“.
Trotz der Alterseinstufung ab 16 Jahren ist der Gewaltgrad und auch die Vergangenheitsatmosphäre bedrückend und muss kontextualisiert werden. Ebenso sind Fragen der Sozialadäquanz und Selbstzensur (z. B. Achsenmächte statt Deutschland im Mehrspieler oder bewusst weggelassene Hakenkreuze) hier unbedingt zu bearbeiten.
Technisch ist der Shooter auch noch heute auf sehr hohem Niveau, was eine Konsolen der letzten Generation oder einen auch heute noch leistungsstarken PC voraussetzt.
Didaktisch sind zusammengeschnittene Videos oder kurze Spielsitzungen einer Kriegsgeschichte (ungefähr 1-2 Stunden pro Geschichte) im Rahmen von Workshops samt anschließender Diskussion zu empfehlen.
Weiterführendes Material
- Färberböck, Peter. Tagungsbericht: HT 2021: Geschichte spielen, wie es eigentlich gewesen ist. Das Digitale Spiel im Spiegel seiner Authentizitätsdebatten, H-Soz-Kult, 12.11.2021.
- Färberböck, Peter. Von A wie Adolf Heiler bis Z wie Zensur. Nationalsozialismus in digitalen Spielen. ePLUS Open Access Publikationsserver der Universität Salzburg, 2021.
- Farokhmanesh, Megan. Battlefield V Fans who Failed History Are Mad that the Game Has Women in it. The Verge, 24.5.2018.
- Pfister, Eugen. Why History in Digital Games matters. Historical Authenticity as a Language for Ideological Myths. In Lorber, Martin und Zimmermann, Felix. History in Games. Contingencies of an Authentic Past. Bielefeld: transcript, 2020, 47-72.
- Plunkett, Luke. Oh No, There Are Women In Battlefield V. Kotaku, 23.05.2018.
Zitierempfehlung
Färberböck, Peter. „Battlefield V“. Datenbank Games und Erinnerungskultur. Stiftung Digitale Spielekultur, 15.12.2021. [URL], zuletzt aufgerufen am: [Datum]