Das Anti-Kriegsspiel „Valiant Hearts“ erzählt einfühlsam die persönlichen Schicksale von vier fiktiven Charakteren im Ersten Weltkrieg. Die Spieler*innen begleiten die Geschichten der Protagonist*innen und müssen Rätsel lösen, Gegenstände suchen, Aufgaben erfüllen und vor allem Kriegsbeteiligten helfen. Dabei schafft es das Spiel, den Verlauf des ersten Weltkrieges aus der Sicht von betroffenen Menschen auf emotionale Weise nachzuerzählen und das Grauen des Krieges ohne übertriebene Darstellungen von Gewalt zu transmittieren. Die Reflexionen über den Krieg aus verschiedenen Perspektiven können zudem, zusammen mit der Vermittlung von historischem Wissen, zum Nachdenken anregen und eine empathische Haltung gegenüber Kriegsbetroffenen fördern und festigen.
Allgemeine Infos
Entwickler: Ubisoft
Jahr: 2014
Link: Offizielle Webseite
Verfügbar für: PlayStation, XBOX, Nintendo Switch, Windows, iOS, Android
Genre: Adventure, Rätselspiel
Altersfreigabe: USK 12
Autorin: Jennifer Hicks
Zeitaufwand
Komplexität
Stark emotional, Kriegsszenario, Tod, Kriegsopfer, Verwundete, Leichen, zerstörte Städte
In „Valiant Hearts“ versuchen die Spieler*innen aus der Perspektive von vier Menschen unterschiedlichster Herkunft und verschiedensten Fähigkeiten die Schrecken des 1. Weltkriegs zu bewältigen und vereinen sich um die verlorene Liebe eines jungen deutschen Soldaten wiederzufinden. Die spielbaren Charaktere benutzen keine klassischen Schusswaffen. Vielmehr müssen sich die Spieler*innen heimlich durch das Kriegsgeschehen schleichen, ohne selbst aktiv an Kämpfen teilzunehmen. Das bestimmt zusammen mit dem Artwork maßgeblich die Stimmung des Spiels. Es ist eine Geschichte über den Krieg und seine Gräueltaten, in die Menschen hineingezogen werden, es verschleiert dabei nichts und lässt doch ganz viel Raum für Menschlichkeit an einem unmenschlichem Ort.
In diesem Puzzle-Adventure müssen die Spieler*innen mit den vier verschiedenen Charakteren und ihren spezifischen Eigenschaften Rätsel lösen. Unter anderem müssen sie Gegenstände finden und zusammensetzen oder in kurzen Actionsequenzen schnell reagieren.
„Valiant Hearts − The Great War“ widmet sich mit einem Cartoon-ähnlichem Artstyle vorsichtig einem sehr schweren und emotional ergreifenden Thema: dem 1. Weltkrieg. Aufbau und Spielmechanik lassen ausreichend Raum, um die eher simplen Rätsel zu genießen, während die Spieler*innen mehr über historische Fakten erfahren. Schnell entsteht eine Bindung zu den verschiedenen Charakteren und ihren ganz persönlichen Anliegen. Das Setting ist brutal, wird aber durch den eher comichaften Grafikstil abgemildert und ist somit auch für jüngere Personen geeignet. Der emotionale Zugang zum Kriegsgeschehen und vor allem seinen Folgen bleibt jedoch gewährleistet.
Während die Spieler*innen einem US-Amerikaner folgen, der sich der Fremdenlegion angeschlossen hat, einem französischen Fahnenträger in Kriegsgefangenschaft, einer belgischen Krankenschwester auf der Suche nach ihrem Vater und schließlich dem deutschen Soldaten auf der Suche nach der geliebten Person, wird jeder gefundene Gegenstand mit historischen Daten versehen. So sehen sich die Spieler*innen immer wieder in umfangreichen Sequenzen mit den geschichtlichen Zusammenhängen konfrontiert.
Die Action reicheren Darstellungen sind für die Spielerfahrung etwas überzogen worden, sie runden das Spiel aber ab und machen den Einsatz im Geschichts- und Erdkundeunterricht nicht unmöglich. In diesem Kontext lässt sich die oftmals noch grausamere Realität mit den dargestellten Szenen abgleichen und bietet Diskussionspotential in offener Runde.
Es entsteht ein recht guter Zugang zur Geschichte, obwohl das Spiel für diejenigen, die das Genre nicht kennen, anspruchsvoll ist. Positiv fällt auf, dass in keiner der Actionsequenzen die Möglichkeit besteht, endgültig zu scheitern. Die Spieler*innen können es einfach noch einmal probieren. Bei Jüngeren könnte diese Wiederholung allerdings auch Frustration hervorrufen, denn die Actionsequenzen lassen sich nicht überspringen.
„Valiant Hearts“ greift das Genre des Kriegsspiels anders auf als andere Spiele. Es zeigt die grausamen Seiten des Kriegs, ohne eine bestimmte Partei zu glorifizieren. Vor allem das Menschliche steht im Vordergrund. Am Ende taucht zwar ein etwas überzogener „Bösewicht“ auf (der deutsche Baron), den das Spiel nicht unbedingt gebraucht hätte, und auch die bereits erwähnten Actionszenen lenken ein wenig von der geschichtlichen Tiefe und auch emotionalen Tiefe ab. Dennoch ist das Spiel bestens geeignet, um im Unterricht über den 1. Weltkrieg und die Menschen, die ihn durchleiden mussten, aufzuklären. Alle entscheidenden Aspekte des Kriegs werden benannt und bieten Anlässe zur Diskussion. So entsteht nicht nur ein Bezug zu den Daten der einzelnen Parteien des 1. Weltkriegs, sondern auch zu den damit verbundenen Traumata der Menschen und andere Kriegsfolgen. die so thematisiert werden können.
Schüler*innen fällt es leicht, zu den Figuren mit ihren unterschiedlichen Charaktereigenschaften einen Zugang zu finden. Sie können sogar durch den starken emotionalen Bezug eine Bindung aufbauen und hypothetische Szenarien durchspielen: Wie würden sie sich selbst in einer ähnlichen Situation verhalten? Dabei geht das Spielerische jedoch nicht unter, und auch Jüngere verlieren durch den lockeren Ton dieses guten Spiels nicht all zu schnell die Lust.
Für den aktiven Einsatz im Unterricht würde ich es ab der 8. Klasse empfehlen, weil es nicht sehr komplex ist und mit einer Spielzeit von etwa vier Stunden sogar in einem dreitägigen Workshop vollständig erfahrbar gemacht werden kann.
ÜBER DIE AUTORIN:
Jennifer Hicks ist mit ihrem BA in Interface Design seit 2016 in eine freiberufliche Karriere als medienpädagogische Workshopleiterin und Gamedesignerin mit dem Fokus auf Serious Games durchgestartet. In Zusammenarbeit mit mehreren ehrenamtlichen Vereinen arbeitet sie mit dem Medium „Spiel“ als kreatives Ausdrucksmittel für Problematiken und Gefühle von jungen Menschen. Sie hat an unterschiedlichen Veröffentlichungen als Artdirektorin & Gamedesignerin oder als Illustratorin mitgewirkt. 2021 wurde eines ihrer Projekte für den Deutschen Computerspielpreis nominiert. Im Internet setzt sie such außerdem unter dem Namen „Justonewing“ als Illustratorin und Comiczeichnerin mit dem Themenschwerpunkt mentale Gesundheit und dem gesellschaftlichen Umgang damit auseinander.
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