The Stanley Parable

Literatur | Storytelling | Philosophie

„The Stanley Parable“ setzt Impulse für eine philosophische Auseinandersetzung mit den Themen Fremdbestimmung und blindem Gehorsam. Die Spieler*innen, die nicht bereit sind, sich auf eine intellektuelle Auseinandersetzung einzulassen, werden sich mit dem Spiel allerdings sehr langweilen, da es auf jede Form von spielerischer Herausforderung verzichtet. Im Zentrum stehen Fragen wie „Was ist Realität?“ oder „Wieviel Kontrolle besitze ich eigentlich über mein eigenes Leben?“. Gleichzeitig funktioniert das Spiel aber auch als Satire wegen der Methoden, mit denen Spieleentwickler*innen ihr Publikum an die virtuelle Welt binden.

Allgemeine Infos

Pädagogische Einordnung
 

Autor: Max Neu

Zeitaufwand

Komplexität

Problematische Aspekte

Keine

Spielinhalt

Die Spieler*innen übernehmen die Rolle des Stanley, der wie jeden Morgen in einem kleinen Büro sitzt, in dem er Aufgaben erfüllt, welche er über einen Computerbildschirm erhält. Doch an diesem Tag ist alles anders.

Spielmechanik

Das Spiel ist ein First-Person 3D Walking Simulator, bei dem die Spieler*innen die Figur per WSAD und Maus durch ein Bürogebäude steuern. Hierbei werden sie von einer Erzählerstimme begleitet, die Anweisungen gibt und jede Entscheidung der Spieler*innen kommentiert. Das Spiel hat viele mögliche Handlungsverläufe, aber kein Ende.

Pädagogische Einsatzfelder

Das im Jahr 2013 veröffentlichte Experimental-Spiel „The Stanley Parable“ des US-Entwicklers Galactic Cafe ist ein unlösbarer Walking Simulator, der gänzlich ohne spielerische Herausforderungen auskommt. Während es zu Beginn den Anschein erweckt, als würde der Erzähler das Setting des Spiels erklären, wird durch Kommentare, die die Spieler*innen zum Handeln auffordern, plötzlich klar, dass der Erzähler mit ihnen spricht. Dies ist ein Bruch mit der Konvention, dass Erzähler*innen innerhalb der Fiktion des Spiels bleiben. Dieser Effekt des „Durchbrechens der vierten Wand“, wie er vor allem aus Theater und Film bekannt ist, lenkt die Aufmerksamkeit auf die Anwesenheit der Spieler*innen und macht diese somit zum Teil des Spiels.

 

Freier Wille:

Im weiteren Verlauf werden die Spieler*innen mit Anweisungen des Erzählers konfrontiert, denen sie folgen oder sich widersetzen können. In allen Fällen wird der Erzähler die getroffenen Entscheidungen kommentieren, ins Philosophieren abgleiten, Musik spielen, den Faden verlieren, Stanley verfluchen und ihn sterben lassen. Was auch immer die Spieler*innen tun, es bleibt immer die Geschichte des Erzählers. In letzter Konsequenz entscheidet der Erzähler über den Verlauf der Geschichte, darüber, wann sie beginnt und wann sie endet. Hierbei ergeben sich für die Spieler*innen im Verlauf des Spiels immer wieder abwechselnd Gefühle der Kontrolle und Einflussmöglichkeit, die sich mit denen vollkommenen Gefangenseins und der Machtlosigkeit abwechseln. Im Philosophie- oder Ethikunterricht kann das Erlebnis dieses Spiels Anlass für eine Diskussion zum Thema Willensfreiheit und Determinismus bieten.

 

Kreatives Schreiben:

Je nachdem, welche Entscheidungen die Spieler*innen im Spielverlauf treffen, können sie an eines von 18 verschiedenen scheinbaren Enden gelangen. Hiernach erscheint Stanley allerdings wieder in der Ausgangsposition auf seinem Stuhl, vor seinem Computer, in seinem Büro, und alles geht wieder von vorne los. Diese Variabilität in Verlauf und Ende der Geschichte kann beispielsweise im Deutschunterricht als Ausgangspunkt für Übungen kreativen Schreibens genutzt werden. Nach wiederholtem Spielen könnten weitere, andere Enden der Geschichte geschrieben werden. Ebenfalls für den Deutschunterricht interessant ist die Erzählform des Spiels, das, wie der Titel bereits vermuten lässt, als Parabel angelegt ist. Eine Analyse des Spiels und beispielsweise ein Vergleich mit Beispielen für die Parabel aus der Literatur bieten sich hier an.

 

Es ist anzumerken, dass „The Stanley Parable“ insofern ein voraussetzungsreiches Spiel ist, als es die Bereitschaft und Fähigkeit erfordert, sich intellektuell mit der Mediengattung des digitalen Spiels auseinanderzusetzen. Pädagogisches Potential entfaltet das Spiel vermutlich vor allem in didaktisch gut vorbereitetem Rahmen. Unbegleitet gespielt ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Spiel verwirrt oder langweilt und bei vielen schnell abgeschaltet wird.

In einer Spielzeit von 30 Minuten alle Spieler*innen mindestens ein mögliches Ziel erreichen werden, was die Durchführung im Unterricht erleichtert. In dieser Spielzeit werden alle sehr unterschiedliche Erfahrungen gesammelt haben, obwohl sie das gleiche Spiel gespielt haben – was eine gute Grundlage für angeregte Diskussionen bietet.

ÜBER DEN AUTOR:

Max Neu ist Spiel- und Medienpädagoge in Forschung und Praxis mit den Schwerpunkten politische Bildung, sowie dem Einsatz digitaler interaktiver Medien im Kontext formaler Bildung. Seit 2019 ist er Vorsitzender des Landesverband Kinder- und Jugendfilm Berlin e.V.

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