Das Newsgame „Papers, Please“ dreht sich um das Leben eines Grenzkontrolleurs im fiktiven Staat Arstotzka, einer osteuropäischen Autokratie im Jahre 1982. Die Spieler*innen müssen lediglich Pässe kontrollieren und basierend auf diesen Informationen die Entscheidung fällen, ob die Einreisenden die Grenze passieren dürfen oder nicht. Trotz dieser simplen Spielmechanik schafft es das Spiel gekonnt, moralische und ethische Konflikte innerhalb eines totalitären Staates zu veranschaulichen. Besonders das moralische Empfinden der Spieler*innen wird angesprochen, ständig müssen diese ihre Prioritäten ausloten, schnell und fehlerfrei arbeiten, also das repressive System mittragen, um die Familie versorgen zu können oder sich mit begrenzten Mitteln dem System zu widersetzen. Je nach Spielverhalten beziehungsweise -verlauf bietet das Spiel 20 verschiedene mögliche Enden an.
Zu „Papers, Please“ finden Sie Anwendungsmöglichkeiten für den Unterricht unter: https://digitale-spielewelten.de/
Allgemeine Infos
Entwickler: Lucas Pope
Jahr: 2013
Link: Offizielle Webseite
Verfügbar für: Windows, MacOS, Linux
Genre: Adventure, Indie
Autor: Martin Fischer
Zeitaufwand
Komplexität
Moralischer Druck, Banalität des Bösen/Schreibtischtätertum
Spieler*innen übernehmen die Rolle eines Grenzbeamten des fiktionalen (post-) sowjetischen Staates Arstotzka. Täglich wechselnde Dienstanweisungen zwingen die Spieler*innen zur Ausübung eines offensichtlich willkürlichen und unmenschlichen Grenzregimes.
Spieler*innen prüfen die Identifikationsdokumente, Passierscheine, Visa usw. von Grenzgänger*innen und müssen diese mit den Tagesinstruktionen abgleichen, um zu entscheiden, wer eingelassen und wer abgewiesen wird.
„Papers, please“ vollzieht den Rollentausch mit einem Beamten der Grenzkontrolle. Ein schlichter Ticker gibt täglich wechselnde Richtlinien vor, wem Einlass zu gewähren ist. Halten sich die Spieler*innen daran, erhalten sie am Ende des Tages einen kargen Lohn ausbezahlt; unterlaufen ihnen Fehler, müssen sie mit empfindlichen Strafen rechnen. Dies kann problematisch sein, denn die Spielfigur versucht ihre Familie zu unterstützen und Kosten für Essen, Medizin und Heizung werden vom Lohn kaum gedeckt. Hinzu kommen Bestechungsangebote und Anflehungen der Migrant*innen, die Spieler*innen motivieren, gegen die Richtlinien zu verstoßen.
Das Spiel bietet eine ungewöhnliche Erfahrung. Administrative Monotonie, eine gewöhnungsbedürftige Grafik und ein unbequemes Setting können abschreckend wirken. Doch dies trägt noch zum immersiven Setting des Spiels bei. Das Regime fordert Gehorsam, doch die ständig wechselnden Regeln wirken willkürlich und weltfremd. Das wiederkehrende Flehen um Einlass der Antragsteller an der Grenze bringt die Spieler*innen in moralische Zwickmühlen. Der geringe Lohn spiegelt eine fehlende Wertschätzung durch das Regime wieder. Spieler*innen lernen die Unentrinnbarkeit eines totalitären Regimes kennen. Das bietet eine spannende Diskussion für Fächer wie Ethik, Geschichte oder Sozialkunde.
Für den Einsatz in Jugendgruppen sollte klar sein, dass die Spielenden sich auf das Spiel einlassen müssen. 30 Minuten Spielzeit reichen in der Regel um sich einen Eindruck zu machen und zu diskutieren. Oftmals sind einzelne Spielrunden allerdings bereits nach 5-10 Minuten vorüber. Hier bedarf es ggf. zusätzlicher Motivation es erneut zu versuchen und die Facetten des Spiels wahrzunehmen und in die Rolle zu schlüpfen. Als weiterführende Anregung kann folgende Methode aufgegriffen werden: https://digitale-spielewelten.de/methoden/von-papers-please-zur-einlasskontrolle-an-einer-schule-im-jahr-2022/84
ÜBER DEN AUTOR:
Martin Fischer verbindet seit 2009 politische Bildung und Medienpädagogik und leitet die Initiative gameoverhate (Website: gameoverhate.eu; Twitter: @gameoverhate).
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