Games und Wertebildung – Eine medienpädagogische Betrachtung
Werte und Normen repräsentieren grundlegende gesellschaftliche Prinzipien, die das Zusammenleben und Verhalten innerhalb eines Kulturkreises prägen und in Kulturgütern zum Ausdruck kommen. Digitale Spiele bieten vielfältige Möglichkeiten, diese Prinzipien darzustellen und zu vermitteln, beispielsweise durch Handlungsstränge, Charaktere, Entscheidungen der Spieler*innen oder die Spielmechanik selbst. Titel wie beispielsweise „Life is Strange“ oder „The Witcher 3“ sind bekannt dafür, ethische Dilemmata und moralische Entscheidungen einzufordern, die die Spieler*innen zu einer spielinternen Handlung bewegen, die einen Abgleich mit den eigenen Wertevorstellungen erzwingt. Andere Spiele zielen darauf ab, Lerninhalte, Themenbereiche oder pädagogische Ziele spielerisch zu vermitteln. Solche häufig als Serious Games bezeichneten Spiele thematisieren explizit Werte und Normen und regen die Spieler*innen dazu an, sich aktiv mit gesellschaftlichen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Beispiele hierfür sind „Papers, Please“, in dem die Spieler*innen als Grenzbeamte in einem fiktiven totalitären Staat arbeiten, oder „This War of Mine“, dass die Erfahrungen von Zivilpersonen in Kriegsgebieten vermittelt.
In der pädagogischen Arbeit mit digitalen Spielen besteht die Herausforderung darin, ob die Spielenden die dargestellten moralischen Reflexionsprozesse wahrnehmen möchten oder können. Zudem ist es insbesondere in offenen pädagogischen Angeboten nicht garantiert, dass die Teilnehmenden die Motivation aufbringen, sich mit pädagogisch kuratierten Spielen auseinanderzusetzen. Aus diesem Grund fokussieren sich viele medienpädagogische Ansätze auf die individuellen Spielevorlieben der Klient*innen sowie auf deren Erfahrungen während des Spielprozesses. Dazu gehört auch, spezifische Titel oder Genres nicht voreilig als wertvoll oder gehaltlos bzw. als lehrreich oder trivial zu kategorisieren. Medienpädagogische Arbeit zielt vielmehr darauf ab, die Klient*innen dabei zu unterstützen, mediale Inhalte kritisch und selbstständig zu reflektieren und ein Bewusstsein für die möglichen Auswirkungen digitaler Spiele auf ihre Wertvorstellungen zu entwickeln. Dafür sind lebensweltbezogene Konzepte erforderlich, in denen die Spielenden in ihren Bedürfnissen und ihrem medienkulturellen Selbstverständnis ernst genommen werden. Gleichzeitig gilt es, individuell ausgerichtete Möglichkeiten zur Vermittlung von Medienkompetenz zu schaffen.
Die medienpädagogische Perspektive kann zudem dazu beitragen, das Verständnis für unterschiedliche (medien)kulturelle Hintergründe, Wertesysteme und Normen zu fördern. Insbesondere im Kontext von Videospielen, die häufig über kulturelle Grenzen hinweg konsumiert werden, ist es wichtig, ein Bewusstsein für die Vielfalt kultureller Einflüsse und deren Auswirkungen auf die Spielinhalte zu schaffen. Dabei können Unterschiede in Erzählstruktur, Charakterentwicklung, Spielmechanik und Wertevermittlung spielerisch am Medium erarbeitet und reflektiert werden. Dies kann auch die Reflexion über kulturelle Stereotype, Exotisierung oder kulturelle Aneignung in Spielen umfassen. Wird dabei die bei vielen Spieler*innen bestehende Faszination und Leidenschaft für Games aufgegriffen, entstehen spannende und lernreiche pädagogische Settings.
Letztendlich ist es von Bedeutung, in Projekten, die sich explizit mit soziokulturellen Auswirkungen von Gaminginhalten befassen, ein Bewusstsein für die Bedeutung individueller Spielabsichten und medienkulturellem Handeln zu berücksichtigen. Hier leisten medienpädagogische Konzepte und Methoden einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung einer erfolgreichen Medienerziehung und Medienbildung. Indem auf die individuellen Bedürfnisse und Erfahrungen der Klient*innen eingegangen wird, kann eine effektive und nachhaltige Vermittlung von Medienkompetenz erreicht werden.