Tale of Two Brothers: Kreative Schreibpraxis

Autor*in
Institut Spielraum & Maike Groen

Das Spiel: Brothers: A Tale of Two Sons

Brothers: A Tale of Two Sons (USK 12) wurde 2013 von Starbreeze Studios entwickelt und von 505 Games publiziert. Mittlerweile ist es für viele Plattformen erhältlich und hat mehrere namhafte Preise erhalten. Es ist die märchenhafte Geschichte von zwei jugendlichen Brüdern, die ausziehen, um ein Heilungsmittel für ihren kranken Vater zu finden. Dabei sind zwei Dinge bemerkenswert:

  1. Das Spiel kommt völlig ohne Sprache und Schrift aus – jede Form von Kommunikation überträgt sich durch die bildgewaltige Landschaft, die Gestik der Charaktere und unverständliche Laute.
  2. Das Gameplay funktioniert derart, dass beide Brüder an einem Gamepad /-controller parallel gesteuert werden: Jede Seite steuert einen Bruder. Es ist also möglich – wenn auch verwirrend – das Spiel entweder allein zu spielen oder aber sich zu zweit ein Gamepad zu teilen, was auch spannende soziale Interaktionsprozesse befördern kann.

Nach- und Neu-Erzählen als kreative Schreibübung zur Wortschatzerweiterung

Nacherzählen im Deutsch- oder auch im Fremdsprachenunterricht hat verschiedene didaktische Ziele, so zum Beispiel die Verbesserung der Kompetenz von sinnerfassendem Lesen (in diesem Falle ‚Sehen‘), das Entwickeln einer individuell geprägten Aneignung eines Medientextes sowie das Erlernen einer klaren Adressatenorientierung. Die schriftliche Nacherzählung hat zusätzlich noch den Anspruch einer besonderen sprachlich-stilistischen Gestaltung, was die Grammatik von Schüler*innen verbessert und den Wortschatz erhöht.

Bei der klassischen Form des Nacherzählens im Deutsch-Unterricht ist nur selten die Fantasie der Schüler*innen gefordert, weil die eigentliche Geschichte schon vorhanden ist. Hier ist ein erster Unterschied zum Nacherzählen dieses digitalen Spiels: Weil die Geschichte der beiden Brüder nur visuell transportiert wird, müssen die Details und ihre Dialoge selbst kreativ entwickelt und aufgeschrieben werden.
Hier sind ein paar Sonderpunkte des Nacherzählens vom digitalen Spiel Brothers: A Tale of Two Sons:

  1. Personen im Spiel: Die Schüler*innen können sich nicht mehr nur auf die Namensnennung beschränken, sondern müssen die Personen so lebendig beschreiben, dass allen klar wird, welche Person gerade handelt. Die Lehrkraft muss darauf achten, dass alle wichtigen, für das Geschehen ausschlaggebenden und die Person charakterisierenden Handlungen wiedergegeben werden (Mögliche Ansätze: umschreiben, benennen, vergleichen, …).
  2. Spielhandlung: Eine Nacherzählung ist keine Inhaltsangabe! Sondern sie bildet im Idealfall eine eigene Geschichte ab, keine langweiligen, repetitiven ‚und dann‘-Aufzählungen. Hier können Schüler*innen also lernen, variabel verschiedene Aspekte abzubilden und dafür notwendigerweise den Wortschatz zu erweitern.

Dabei ist auf erzählerische Stilmittel wie direkte Rede, bzw. Dialoge zu achten.


Vorgeschlagener Ablauf

1. Die Schüler*innen spielen gemeinsam im Unterricht das Spiel Brothers: A Tale of Two Sons.

Je mehr Computer / Konsolen mit der Software vorhanden sind, desto besser – es funktioniert aber auch, dass ein oder zwei Schüler*innen das Spiel vorne mit einem Beamer übertragen vorspielen. So kriegen alle die Geschichte mit. Alternativ kann auch ein Let’s Play ohne Kommentare gezeigt werden, so zum Beispiel das hier (Link). Dann können die Schüler*innen zwar nicht selbst Teil der Geschichte sein, sie dennoch aber miterleben wie in einem Stummfilm. Allerdings verpassen sie dann auch die Chancen, mit den Nicht-Spieler-Charakteren (NPCs) im Spiel zu agieren, die jeweils auf die Brüder verschieden reagieren und so Akzente in der Geschichte setzen können.
Die Lehrkraft sollte sich vorher ein Zeitlimit für die Spieldauer setzen: Wenn Dialoge mit entworfen werden sollen (Möglichkeit 3.1.), sollten eventuell nur die ersten 15 Minuten gespielt werden. Wenn es eher um die größere Nacherzählung des Märchens geht, kann auch mehr Geschichte erlebt werden.

2. Alle Schüler*innen machen sich währenddessen Notizen.

Diese Stichwörter können später die Grundlage für den Fließtext bilden. Im Materialteil gibt es auch ausführliche Arbeitsblätter dazu. Alternativ könnten das hier hilfreiche Fragen für die Stichwortzettel sein:

  • Was geschieht in welcher Reihenfolge?
  • Wer ist an den Handlungen beteiligt?
  • Wann finden die Ereignisse statt?
  • Wo finden die Ereignisse statt?
  • Wie geschieht etwas?
  • Warum ist etwas geschehen?

3. Nach- oder Neu-erzählung als kreative Aufgabe.

Insbesondere bei längeren Geschichten und Handlungen spielen Grammatik und erzählerische Stilmittel (wie direkte Rede) eine große Rolle. Diesen Schritt kann man auch gut in der Klasse oder in kleineren Gruppen zunächst üben, wo Redeeinleitungen etc. gemeinsam erstellt und gesammelt werden. Hierbei die Schüler*innen ermutigen, eigenständig zu erproben und etwas Neues auszuprobieren.

  • Möglichkeit 1: Die Schüler*innen setzen sich in Kleingruppen zusammen und sehen sich z. B. auf YouTube einige Sequenzen noch einmal genauer an, um explizite Dialoge zu entwerfen, sich Namen und Handlungsstränge wie zum Beispiel Hintergrundgeschichten auszudenken. Dies ist besonders schön, weil viele Handlungsansätze im Spiel nur angedeutet sind, wie der Tod der Mutter oder die Krankheit des Vaters. Weil das Spiel mehrere Stunden dauert, kann auch eine ‚Weitererzählung‘ gemacht werden, wo die Schüler*innen sich überlegen, wie die Geschichte aus- oder zumindest weiter geht.
  • Möglichkeit 2: Die Schüler*innen nutzen ihre Notizen, um in Einzelarbeit eine Nacherzählung anzufertigen. Dies könnte gegebenenfalls auch als Hausaufgabe geschehen.

Titelbild: Brothers – A Tale of Two Sons, Starbreeze 2013.


Dauer
45 Minuten, gegebenfalls mit Hausaufgaben

Sozialform
Einzelarbeit

Methoden-Ziele
Deutschen Wortschatz erweitern

Zielgruppe
Jugendliche

Praxisfelder
Schule

Technische Hilfsmittel
Computer, Spielekonsole, Spielesoftware, Beamer

In Trägerschaft von:
Technische Hochschule Köln

Creative Commons

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Projekt: „Ethik und Games“ (2016-2018), gefördert von BMFSFJ, bpb und dem MKFFI NRW.

Ansprechpartner*in: Maike Groen

Kontakt: spielraum@th-koeln.de

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