Interaktives Storytelling

Autor*in
Carolin Wendt & Stephan Schölzel

Idee

Digitale Spiele sind in der Lage, spannende Geschichten zu erzählen. Diese werden oft auch von Schüler*innen rezipiert, die sich sonst nur schwer für das Lesen von Geschichten begeistern können. Mithilfe dieser Methode sollen Zielgruppen für das Schreiben (von Geschichten) motiviert werden, die traditionellere Methoden im Unterricht eventuell nicht erreichen.

Das Erschaffen von digitalen Spielen wird immer einsteigerfreundlicher. Anwendungen wie der RPG Maker, der GameMaker oder Twine erlauben es auch Personen ohne Programmierkenntnisse, eigene Spiele zu kreieren und deren Welten mit Geschichten zu füllen. Game Design und Storytelling können auf diese Weise im Unterricht kombiniert werden.

Umsetzung im Unterricht

Ziel der Methode ist es, Jugendlichen für das Schreiben von (kreativen) Texten zu motivieren und ihnen gleichzeitig Lehrstoffinhalte wie das Aristotelische Dramenschema oder das Storytelling näherzubringen. Parallel erarbeiten sich Schüler*innen Grundlagen im Game Design.

Die grundlegende Variante dieser Methode besteht aus zwei Teilen und erfolgt in Einzelarbeit:

1) Nach einer vorherigen Einführung in den Umgang mit der Design-Anwendung (RPG Maker, GameMaker o.ä.) kreieren die Schüler*innen den Grundstein ihrer Geschichte und die wichtigsten Figuren. Der Kreativität sind dabei quasi keine Grenzen gesetzt und alle möglichen Settings, Zeitperioden etc. sind denkbar. Der Umfang des Spielabschnitts und eine inhaltliche Rahmenhandlung können selbstverständlich je nach Zeit, Altersstufe und Lehrplaninhalt vorgegeben bzw. angepasst werden. Dieser Arbeitsabschnitt kann (u.a. wegen eventueller Hardware-Anforderungen) als Arbeitsauftrag für zuhause erteilt werden.

2) Sobald die Schüler*innen den ersten Teil ihrer Spielwelt gestaltet haben, können darauf aufbauend Schreibanlässe geschaffen werden. Möglich sind etwa folgende Aufgaben:

  • Die Schüler*innen schreiben basierend auf ihrer Spielwelt eine (Kurz-) Geschichte
  • Die Schüler*innen beschreiben ihre Spielwelt (Zeitalter, Ort, Besonderheiten etc.)
  • Die Schüler*innen verfassen Charakterisierungen zu ihren Spielfiguren

Die Methode bietet sich im Sinne der ästhetischen Bildung auch für interdisziplinären Unterricht an. Figuren können beispielsweise im Kunstunterricht illustriert werden, die mögliche Gestaltung und der Realismus von Flora und Fauna könnten im Biologie- und/oder Geographie-Unterricht thematisiert werden. Eine Integration in den Geschichts- und Politikunterricht bieten sich an, wenn historische Settings mit Spannungsfeldern erschaffen werden sollen.

Variationen

Es sind mehrere Abänderungen dieser Methode denkbar.

  1. Die Schüler*innen können im Team abwechselnd an ihren Spielen / Geschichten arbeiten. Nachdem sie den Einstieg als Spiel erstellt und einen ersten Entwurf ihrer Geschichte geschrieben haben, geben sie dies an eine*n Mitschüler*in bzw. eine andere Gruppe weiter. Diese arbeiten Verbesserungsvorschläge in das Spiel ein und arbeiten an der Geschichte weiter. Daraufhin werden die Geschichten wieder zurückgetauscht. Auf diese Weise kann auch die Kritikfähigkeit verbessert werden.
  2. Eine stärker literaturbezogene Variante beginnt mit dem Verfassen einer Geschichte (beispielsweise auf Basis des Aristotelischen Dramenschemas). Diese wird dann mit einer*m Mitschüler*in getauscht, die*der basierend auf der Geschichte ein Spiel kreiert. Dabei können Atmosphäre und optische Ausgestaltung selbst ausgewählt werden (außer, sie sind explizit in der Geschichte festgeschrieben). Das Spiel wird dann den ursprünglichen Autor*innen präsentiert. Im Plenum erfolgt dann eine Auswertung von Story und Spiel – wo lagen die Probleme bei der Umsetzung der Geschichte in ein Spiel? Wo ist die Geschichte von bekannten Schemata abgewichen? Wurde etwas Wichtiges bei der Spielumsetzung vergessen? Im Anschluss an diese Feedbackrunde können die Schüler*innen ihre Geschichte dann noch einmal überarbeiten und eventuelle Anregungen und Verbesserungen aus dem Spiel implementieren.
  3. Beim Einsatz von Twine liegt der Focus bereits durch die Wahl des Tools mehr auf Seiten des Storytellings und der Verknüpfung von Szenen. Twine bietet quasi keine grafischen Elemente und ist sehr textlastig. Dafür bietet es Schüler*innen, die bereits Interesse an Storytelling haben, die Möglichkeit hier sehr experimentell zu werden.

Mögliche Anschlussaufgaben

Die erstellten Spiele können wiederum selbst als Unterrichtsgegenstand genutzt werden. Falls gewünscht, könnten die Schüler*innen etwa Rezensionen oder ‚Spiele-Bewertungen‘ zu den Geschichten der jeweils anderen verfassen. Möglich wäre im Rahmen eines Medienkompetenz-Fokus die Diskussion von Jugendschutz und Altersfreigaben, indem die Spiele nach Katalogen gängiger Rating-Einrichtungen (USK, IARC) bewertet werden müssen.

Unter ‚Materialien‘ findet sich der beispielhafte Durchlauf der Methode als Projekt sowie diverse Materialien als Hilfestellung.


Sozialform
Einzelarbeit, Gruppenarbeit

Methoden-Ziele
Wissensvermittlung

Zielgruppe
Lehrer*innen, Pädagog*innen, Hochschullehrende

Praxisfelder
Schule, OKJA

Benötigte Materialien
Stifte und Papier

Technische Hilfsmittel
Computer, Anwendungssoftware

Creative Commons

Der/die Autor*in hat diese Methode unter einer Creative Commons Lizenz veröffentlich. Das bedeutet, dass Sie die Methode mit wenigen Einschränkungen nutzen und ggf. weiterveröffentlichen dürfen.

Die Lizenzbedingungen, unter denen diese Methode und zugehörige Materialien genutzt werden dürfen, stehen online zur Einsicht bereit.

Hier geht es zu den Lizenz-Informationen.

Carolin Wendt

Carolin Wendt arbeitete bis Ende 2018 für die Stiftung Digitale Spielekultur. Die Stiftung ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und des game – Verband der deutschen Games-Branche.
Ziel der Stiftung ist es, die Akzeptanz und Relevanz digitaler Spiele in der Gesellschaft zu steigern. Zu diesem Zweck initiiert, unterstützt und fördert sie Projekte aus den Bereichen Kultur, Bildung, Ausbildung, Medienkompetenz, Jugendschutz und Games-Forschung.
Das größte Projekt der Stiftung ist der Deutsche Computerspielpreis. Die Stiftung leitet das Awardbüro und koordiniert die Juryarbeit.

Kontakt: kontakt@stiftung-digitale-spielekultur.de

Webseite: http://www.stiftung-digitale-spielekultur.de

Stephan Schölzel

Eigentlich wollte Stephan Schölzel Informatiker oder Grafiker werden, nach dem Zivildienst fand er sich allerdings im Studium der Sozialen Arbeit wieder. Dann lernte er das Feld der Medienpädagogik kennen und lernte, welche Potentiale in digitalen Spielen stecken können. Auch lernte er, dass es in diesem jungen Arbeitsfeld, das vor allem von “Risikoabwehr” dominiert wird, viele Chancen und viel zu machen gibt. Mit diesem Ziel im Kopf fand er seinen Weg zum “infocafe” der Stadt Neu-Isenburg. Eine der wenigen festen medienpädagogischen Einrichtungen mit einem Fokus in der Kinder- und Jugendarbeit. Seit 2010 arbeitet er dort sehr erfolgreich und befindet sich inzwischen in der Weiterbildung zum Master im Feld der Game Studies.

Kontakt: info@stschoelzel.de

Webseite: http://stschoelzel.de