Idee
Digitale Spiele sind in der Lage, spannende Geschichten zu erzählen. Diese werden oft auch von Schüler*innen rezipiert, die sich sonst nur schwer für das Lesen von Geschichten begeistern können. Mithilfe dieser Methode sollen Zielgruppen für das Schreiben (von Geschichten) motiviert werden, die traditionellere Methoden im Unterricht eventuell nicht erreichen.
Das Erschaffen von digitalen Spielen wird immer einsteigerfreundlicher. Anwendungen wie der RPG Maker, der GameMaker oder Twine erlauben es auch Personen ohne Programmierkenntnisse, eigene Spiele zu kreieren und deren Welten mit Geschichten zu füllen. Game Design und Storytelling können auf diese Weise im Unterricht kombiniert werden.
Umsetzung im Unterricht
Ziel der Methode ist es, Jugendlichen für das Schreiben von (kreativen) Texten zu motivieren und ihnen gleichzeitig Lehrstoffinhalte wie das Aristotelische Dramenschema oder das Storytelling näherzubringen. Parallel erarbeiten sich Schüler*innen Grundlagen im Game Design.
Die grundlegende Variante dieser Methode besteht aus zwei Teilen und erfolgt in Einzelarbeit:
1) Nach einer vorherigen Einführung in den Umgang mit der Design-Anwendung (RPG Maker, GameMaker o.ä.) kreieren die Schüler*innen den Grundstein ihrer Geschichte und die wichtigsten Figuren. Der Kreativität sind dabei quasi keine Grenzen gesetzt und alle möglichen Settings, Zeitperioden etc. sind denkbar. Der Umfang des Spielabschnitts und eine inhaltliche Rahmenhandlung können selbstverständlich je nach Zeit, Altersstufe und Lehrplaninhalt vorgegeben bzw. angepasst werden. Dieser Arbeitsabschnitt kann (u.a. wegen eventueller Hardware-Anforderungen) als Arbeitsauftrag für zuhause erteilt werden.
2) Sobald die Schüler*innen den ersten Teil ihrer Spielwelt gestaltet haben, können darauf aufbauend Schreibanlässe geschaffen werden. Möglich sind etwa folgende Aufgaben:
- Die Schüler*innen schreiben basierend auf ihrer Spielwelt eine (Kurz-) Geschichte
- Die Schüler*innen beschreiben ihre Spielwelt (Zeitalter, Ort, Besonderheiten etc.)
- Die Schüler*innen verfassen Charakterisierungen zu ihren Spielfiguren
Die Methode bietet sich im Sinne der ästhetischen Bildung auch für interdisziplinären Unterricht an. Figuren können beispielsweise im Kunstunterricht illustriert werden, die mögliche Gestaltung und der Realismus von Flora und Fauna könnten im Biologie- und/oder Geographie-Unterricht thematisiert werden. Eine Integration in den Geschichts- und Politikunterricht bieten sich an, wenn historische Settings mit Spannungsfeldern erschaffen werden sollen.
Variationen
Es sind mehrere Abänderungen dieser Methode denkbar.
- Die Schüler*innen können im Team abwechselnd an ihren Spielen / Geschichten arbeiten. Nachdem sie den Einstieg als Spiel erstellt und einen ersten Entwurf ihrer Geschichte geschrieben haben, geben sie dies an eine*n Mitschüler*in bzw. eine andere Gruppe weiter. Diese arbeiten Verbesserungsvorschläge in das Spiel ein und arbeiten an der Geschichte weiter. Daraufhin werden die Geschichten wieder zurückgetauscht. Auf diese Weise kann auch die Kritikfähigkeit verbessert werden.
- Eine stärker literaturbezogene Variante beginnt mit dem Verfassen einer Geschichte (beispielsweise auf Basis des Aristotelischen Dramenschemas). Diese wird dann mit einer*m Mitschüler*in getauscht, die*der basierend auf der Geschichte ein Spiel kreiert. Dabei können Atmosphäre und optische Ausgestaltung selbst ausgewählt werden (außer, sie sind explizit in der Geschichte festgeschrieben). Das Spiel wird dann den ursprünglichen Autor*innen präsentiert. Im Plenum erfolgt dann eine Auswertung von Story und Spiel – wo lagen die Probleme bei der Umsetzung der Geschichte in ein Spiel? Wo ist die Geschichte von bekannten Schemata abgewichen? Wurde etwas Wichtiges bei der Spielumsetzung vergessen? Im Anschluss an diese Feedbackrunde können die Schüler*innen ihre Geschichte dann noch einmal überarbeiten und eventuelle Anregungen und Verbesserungen aus dem Spiel implementieren.
- Beim Einsatz von Twine liegt der Focus bereits durch die Wahl des Tools mehr auf Seiten des Storytellings und der Verknüpfung von Szenen. Twine bietet quasi keine grafischen Elemente und ist sehr textlastig. Dafür bietet es Schüler*innen, die bereits Interesse an Storytelling haben, die Möglichkeit hier sehr experimentell zu werden.
Mögliche Anschlussaufgaben
Die erstellten Spiele können wiederum selbst als Unterrichtsgegenstand genutzt werden. Falls gewünscht, könnten die Schüler*innen etwa Rezensionen oder ‚Spiele-Bewertungen‘ zu den Geschichten der jeweils anderen verfassen. Möglich wäre im Rahmen eines Medienkompetenz-Fokus die Diskussion von Jugendschutz und Altersfreigaben, indem die Spiele nach Katalogen gängiger Rating-Einrichtungen (USK, IARC) bewertet werden müssen.
Unter ‚Materialien‘ findet sich der beispielhafte Durchlauf der Methode als Projekt sowie diverse Materialien als Hilfestellung.