Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod


Das von dem Spiegel-Autoren Bastian Sick ins Leben gerufene Franchise „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ hat binnen weniger Jahre geschafft, was zuvor wohl niemand für möglich gehalten hat: Mit der durch SMS, Chats und Rechtschreibreform entstandenen Unsicherheit, wie man denn im 21. Jahrhundert richtiges und gutes Deutsch sprechen und schreiben soll, lässt sich nicht nur ein riesiges Geschäft machen, sondern die Menschen haben auch noch Spaß dabei, sich belehren zu lassen, und strömen sogar in Massen zur vom Autoren inszenierten „größten Deutschstunde der Welt“. Über den Sinn dieser (z. T. durch den Sprachgebrauch überholten) sprachlichen Schlaumeiereien kann man sich streiten. Lehrkräfte sind dem Autoren jedoch auf ewig dafür dankbar, dass er mit seinen Werken nicht nur das Image der deutschen Grammatik verbessert hat, sondern auch viel (auch im Unterricht verwendbares) Material über die Tücken der deutschen Sprache angesammelt hat.

Neben zwei erfolgreichen Büchern und einem Brettspiel ist nun auch ein Computerspiel mit dem Titel „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ auf den Markt gekommen. Der Titel allein wird (zusammen mit dem annehmbaren Preis von ca. 20,- Euro) dafür sorgen, dass auch dieses Produkt Absatz finden wird. Lohnt sich nun aber der Kauf des Spiels?

Mit dieser Frage sollte sich eine 8. Klasse am Gymnasium auseinandersetzen, die anhand des Spiels zunächst Bewertungskriterien für Computerspiele und anschließend einen Spieletest auf der Seite „spielbar.de“ der Bundeszentrale für politische Bildung erarbeitet hat.

Anknüpfung an den Lehrplan

Die Auseinandersetzung mit der Lernsoftware lässt sich problemlos an den (bayerischen) Lehrplan im Fach Deutsch anknüpfen. Dieser sieht für das achtstufige Gymnasium im Bereich „Medien nutzen und reflektieren“ im Fach Deutsch der 8. Klasse vor, dass die Schüler*innen den „Aufbau von Zeitung und Webseiten“ kennen lernen und die eigene Mediennutzung „ggf. durch eigene Gestaltungsversuche, z. B. appellierende Texte. Kommentare und Reportagen“ reflektieren sollen. Darüber hinaus kann das Verfassen eines Spieletests als Vorbereitung für das Schreiben einer Inhaltsangabe genutzt werden.

Lernziele

Das Projekt hat vor allem zwei Lernziele verfolgt:
1) Die Schüler*innen sollen durch die Lektüre von Testberichten zur kritischen Auseinandersetzung mit Computerspielmagazinen angeregt werden.
2) Die Schüler*innen sollten anhand eines selbst erstellten Kriterienkatalogs zunächst eine (möglichst objektive) Spielebeschreibung und anschließend eine (subjektive) Bewertung des Spiels verfassen.

Technische Voraussetzungen

Das so genannte „Web 2.0“ macht es so einfach wie nie zuvor, Texte nicht nur zu schreiben, sondern auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Plattform „Spielbar.de“ der Bundeszentrale für politische Bildung stellt eine Möglichkeit dar, um von Schüler*innen selbst verfasste Spieletests einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Arbeit mit Computerspielen in der Schule kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen. Entweder projiziert man das Spielgeschehen mit Hilfe eines Beamers an eine Leinwand, sodass die ganze Klasse das Spiel kennen lernt, oder man installiert die Software auf mehrere Rechnern (wobei die jeweiligen Lizenzbestimmungen zu beachten sind).

Aufbau der Unterrichtseinheit

Phase/BausteinInhaltAktions-/SozialformMedien/Dateien
Bewertungskriterien von ComputerspielenDie Schüler*innen erstellen einen Kriterienkatalog für die Bewertung von Computerspielen und vergleichen ihn mit den Vorstellungen, die Erwachsene von einem für ihr Kind geeignetes Computerspiel haben.Schüler*innenarbeit/UnterrichtsgesprächKriterien Schüler.pdf/Kriterien Eltern.pdf sowie Beispielantworten
Der Aufbau eines professionellen SpieletestsDie Schüler*innen lernen anhand eines Spieletests aus der „Computer Bild Spiele“ den Aufbau eines Spieletests kennen.PartnerarbeitAufgaben zur Arbeit mit Spieletests.pdf
Testen, Beschreiben und Bewerten der Lernsoftware (Doppelstunde im Computerraum)Die Schüler*innen testen die Lernsoftware und schreiben einen Spieletest für „spielbar.de“GruppenarbeitAufgabenstellung Spielebeschreibung.pdf
1. Stunde: Erarbeitung von Kriterien zur Bewertung von Computerspielen

Lernziele:

1.) Die Schüler*innen sollen überlegen, welche Merkmale für sie beim Kauf eines Computerspiels eine Rolle spielen (Test in Magazinen, Meinung von Freunden, Spielspaß etc.).
2.) Die Schüler*innen sollen in einem zweiten Schritt überlegen, was ihre Eltern wohl beim Kauf eines Computerspiels berücksichtigen würden („pädagogisch wertvoll“, gewaltfrei, lehrreich etc.).
3.) Die Schüler*innen sollen anhand zweier Texte überlegen, welche positiven bzw. negativen Eigenschaften Computerspiele haben.

In der ersten Stunde sollen die Schüler*innen zunächst einmal überlegen, was für sie an einem Computerspiel wichtig ist. Dazu sammeln die Schüler*innen in Einzel- oder Partnerarbeit Kriterien, die anschließend im Unterrichtgespräch auf einer Folie (Kriterien Schüler.doc) gesammelt werden. In einem zweiten Schritt sollen sich die Schüler*innen in die Lage eines Erziehungsberechtigten versetzen und überlegen, worauf sie achten würden, wenn sie ihrem eigenen Kind ein Computerspiel kaufen würden. Auch diese in Einzel- oder Partnerarbeit entstandenen Ergebnisse werden auf einer Folie (Kriterien Eltern.doc) gesammelt. Anschließend sollen die Schüler*innen überlegen, worin der Nutzen bzw. die Gefahr von Computerspielen besteht. Dies kann anhand eines Textes geschehen oder auch im Unterrichtsgespräch ohne weitere Materialien.

2. Stunde: Der Aufbau eines professionellen Spieletests in einem Computerspielemagazin

Lernziele:

1.) Die Schüler*innen sollen anhand verschiedener Testberichte aus einer Computerspielzeitung (hier: Computer Bild Spiele) erarbeiten, welche Fragen in einem Spieletest beantwortet werden sollen.
2.) Die Schüler*innen sollen den gedanklichen Aufbau eines Spieletests nachvollziehen.
3.) Die Schüler*innen sollen überlegen, wie sie die einzelnen Kriterien gewichten würden, um zu einer „Endnote“ für das Spiel zu gelangen (z. B.: Grafik = 30 %, Spielspaß = 40 % usw.)

In der zweiten Stunde sollen die Schüler*innen (auch als Vorbereitung auf die literarische Inhaltsangabe) professionelle Spieletests analysieren. Hierzu wurden alle Tests einer Ausgabe der „Computer Bild Spiele“ ausgeschnitten und jeweils an zwei Schüler*innen der Klasse ausgeteilt. Anschließend sollten die Schüler*innen die entsprechenden Aufgaben (Aufgaben zur Arbeit mit Spieletests.doc) bearbeiten und der Klasse am Ende der Stunde vorstellen.

3. und 4. Stunde: Testen der Lernsoftware

Lernziele:

1.) Die Schüler*innen sollen die Software „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ testen und Notizen zum Inhalt des Spiels aufschreiben.
2.) Die Schüler*innen sollen anhand des Kriterienkataloges Notizen zur Bewertung machen.
3.) Die Schüler*innen sollen einen Spieletest schreiben, der sowohl eine Beschreibung als auch eine Beurteilung der Software enthält.

In der letzten (Doppel-)Stunde testeten die Schüler*innen in Kleingruppen (3-5 Schüler*innen) die Lernsoftware und verfassten sowohl eine Beschreibung als auch eine Bewertung der Software. Die genaue Aufgabenstellung ist in dem Dokument „Aufgabenstellung Spielebeschreibung.doc“ enthalten. Der so entstandene Spieletest wurde anschließend auf der Seite „www.spielbar.de“ veröffentlicht.

Fazit

Die Unterrichtseinheit ist in mehrfacher Hinsicht als Erfolg zu werten, da die Schüler*innen sichtbar Freude daran hatten, in die Rolle von Spiele-Tester*innen zu schlüpfen, deren Beiträge auch veröffentlicht und gelesen werden. Das Web 2.0 bietet jeder Lehrkraft vielfältige Möglichkeiten zur Steigerung der Motivation bei Schüler*innen. Denn die Gewissheit, dass der von jeder Schülerin und jedem Schüler verfasste Beitrag im Internet publiziert und dort von vielen Menschen gelesen und diskutiert werden kann, gibt den im Deutschunterricht verfassten Beiträgen ein neues Gewicht und regt dazu an, die Qualität der eigenen Arbeit zu steigern. Wenn Sie die Arbeit mit Computerspielen im Deutschunterricht weiter vertiefen möchten, finden Sie auf www.medienistik.de weitere Materialien, z. B. zu dem Sachbuch „Neue Intelligenz“, das die positiven Seiten von Computerspielen hervorhebt, oder zur Problematik der Gewalt in Computerspielen.


Projekt-Ziele
Medienwissen, Medienkritik, Medienselektion und -kombination

Zielgruppe
Jugendliche

Praxisfelder
Schule, Offener Ganztag, OKJA

Pädagogische Besonderheiten
Peer-to-Peer

Benötigte Materialien
Stifte und Papier, Arbeitsblatt

Technische Hilfsmittel
Computer, Anwendungssoftware, Internetzugang

Creative Commons

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