WW2 Rebuilder

In der Simulation WW2 Rebuilder übernehmen die Spieler*innen die Rolle von Zivilist*innen, die sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufmachen, um zerstörte Städte und Orte in Großbritannien, Frankreich und Westdeutschland wiederaufzubauen.

Allgemeine Infos

  • Entwickler: Madnetic Games (Polen)
  • Publisher: Madnetic Games, PlayWay
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Genre: Simulator
  • Thema: Zweiter Weltkrieg
  • Zugänglichkeit: Deutsche Sprachversion, Englische Sprachversion
  • Vermittlungspotenzial Gering
  • Zeitaufwand Mittel
  • Komplexität Mittel
Erklärungen zur Bewertung

Trailer

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Erinnerungskulturelle Einordnung

Autor: Rüdiger Brandis

Rüdiger Brandis promoviert zum Einfluss von Geschichtstheorie auf die Entwicklung historischer Spiele an der Universität Göttingen. Er arbeitet als Game Producer und Designer.

In WW2 Rebuilder übernehmen die Spielenden die Rolle von Zivilist*innen, die sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufmachen, um zerstörte Städte und Orte in Großbritannien, Frankreich und Westdeutschland wiederaufzubauen. Für jedes dieser Länder gibt es eine Rahmenhandlung, die in kurzen Zwischensequenzen erzählt wird und sich wiederum auf mehrere Schauplätze verteilt. Aus der Egoperspektive müssen die Spielenden jeden dieser Schauplätze zunächst von zerstörten Gebäuden und Gegenständen befreien, bevor sie mit den gesammelten Rohstoffen Schäden beheben und neue Gebäude errichten können. Der Wiederaufbau wird durch das Spiel vorgegeben und gibt den Spielenden nur begrenzten Freiraum zur individuellen Gestaltung. Die Spielenden werden mit Haupt- und Nebenaufgaben betraut, wobei nur die Hauptaufgaben für das Freischalten weiterer Handlungsorte relevant sind. Außerdem können Sammelobjekte gefunden werden, die teilweise historische Hintergrundinformationen liefern, manchmal aber auch nur erzählerische Anekdoten beinhalten.

Video-Kurzreview

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Erinnerungskulturelle Bedeutung

WW2 Rebuilder bedient sich eines weit verbreiteten Settings für historische Spiele: dem Zweiten Weltkrieg. Allerdings thematisiert das Spiel nicht den Verlauf des Krieges selbst oder seine militärischen und ökonomischen Bedingungen, sondern fokussiert sich auf den Wiederaufbau der zerstörten Landschaften Europas. Aus erinnerungskultureller Perspektive ist diese Spielidee bemerkenswert, da es nicht Konflikte und den Kampf um Macht und Vorherrschaft, sondern die notwendige gesellschaftliche Heilung nach dem Krieg am Beispiel des architektonischen Wiederaufbaus in den Fokus rückt. Obwohl der Ansatz durchaus interessant ist, wird jedoch spielerisch und erzählerisch nur wenig daraus gemacht. WW2 Rebuilder nutzt Mechaniken, die aus sogenannten Arbeitssimulatoren und Cozy Games bekannt sind. In diesen Spielen werden repetitive Arbeitsabläufe inszeniert, mit dem Ziel, eine wenig herausfordernde und entsprechend entspannende Spielerfahrung anzubieten. Konkret bezieht sich das Spiel auf den PowerWash Simulator von FutureLab. Spielende können sich darin gemütlich dem Säubern von dreckigen Einfahrten oder der Pflege ihres eigenen virtuellen Gartens widmen. Auf dieses Genre baut WW2 Rebuilder auf und ist damit mehr ein mit historischen Gebäuden versehener PowerWash Simulator als eine interessante Auseinandersetzung mit der europäischen Nachkriegsgeschichte.

Diskussionspunkte

Das Spiel thematisiert den Wiederaufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg in seiner simpelsten Form: Die Spielenden reißen Dinge ein, sammeln Rohstoffe in ihrem erstaunlich groß angelegten Inventar und errichten mühelos neue Gebäude. Sie agieren als einsame Wiederaufbauende ganzer Stadtviertel, die ohne Mühe den Schutt des Krieges beiseite räumen. Der immense soziale und ökonomische Aufwand, der für den Wiederaufbau Europas notwendig war, wird hier lediglich in kurzen Erzählpassagen erwähnt. Rein spielerisch lässt sich damit weniger die deutsche Nachkriegsgeschichte diskutieren, als dass über die Rekontextualisierung von Spielmechaniken gesprochen werden kann. Die Frage, inwiefern Spielmechaniken sowie visuelle und erzählerische Spielelemente unterschiedliche rhetorische Formen aufweisen, die zusammen die Spielerfahrung und somit auch die Wahrnehmung des Spiels beeinflussen und prägen, ist durchaus interessant.

WW2 Rebuilder bietet darüber hinaus zumindest prinzipiell die Möglichkeit, den historischen Kontext des Wiederaufbaus zu diskutieren. Die meisten Level des Spiels basieren auf realen Orten und sind zum Teil sogar von realen Ereignissen inspiriert. Diese Geschichten bleiben jedoch immer oberflächlich und sind durch einen sentimentalen und romantisierenden Ton geprägt. Sie dienen innerhalb des Spiels dazu, weitere Nebenaufgaben zu rechtfertigen, wenn man z.B. als Trümmerfrau problemlos von Stadt zu Stadt zieht, um nach dem verschollenen Ehemann zu suchen. Erinnerungskulturell oder historisch interessante Informationen oder Themen sind nur selten zu finden.

Einsatzmöglichkeiten

WW2 Rebuilder ist ein Spiel, das auf eine erzählerisch oberflächliche, aber spielerisch ungewöhnliche Weise die Folgen des Zweiten Weltkriegs thematisiert. Die Vermittlung historischen Wissens beschränkt sich jedoch lediglich auf kurze Zwischensequenzen sowie die Beschreibungstexte weniger Items, deren inhaltlicher Gehalt zudem sehr gering ist. Die Spielmechaniken selbst sind zu einfach gestaltet und können die Schwierigkeiten des Wiederaufbaus nicht angemessen repräsentieren. Zudem müssen die verschiedenen Szenarien nacheinander freigespielt werden, was es unmöglich macht, sich sofort mit allen Settings direkt zu beschäftigen. Die Einsatzmöglichkeiten des Spiels sind entsprechend begrenzt und wenig geeignet, komplexe Diskussionen anzuregen. Auch stellen die ungenaue Steuerung und die Hardwareanforderungen, die einen PC mit zumindest mittlerer Leistung und einer leistungsfähigen Grafikkarte erfordern, eine Barriere dar. Das Interessanteste an WW2 Rebuilder ist am Ende die zugrundeliegende Idee des Spiels, den Wiederaufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg zu thematisieren. Dieser Idee wird das Spiel selbst aber leider nicht gerecht.


Weiterführendes Material

Zitierempfehlung

Brandis, Rüdiger. „WW2 Rebuilder“. Datenbank Games und Erinnerungskultur. Stiftung Digitale Spielekultur, 14.03.2024 [URL], zuletzt aufgerufen am: [Datum]

Förderer

Dieser Beitrag wurde im Rahmen des Projekts "Let's Remember! Erinnerungskultur mit Games vor Ort" in der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.