Spielecover: The Last of Us Part II

The Last of Us Part II

Im postapokalyptischen Setting des Third Person Action-Adventure Spiels The Last of Us Part II steuern die Spieler*innen nacheinander die beiden Protagonistinnen Ellie und Abby, die versuchen, die durch Pilze verursachte Zombieapokalypse zu überleben. Neben der konstanten Präsenz von Gewalt prägen dabei Radikalisierungsprozesse sowie Entmenschlichung und Rache motivisch immer stärker das Spielgeschehen.

Allgemeine Infos

  • Entwickler: Naughty Dog (USA)
  • Publisher: Sony Interactive Entertainment
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Genre: Adventure, Shooter
  • Thema: 21. Jahrhundert, Antisemitismus, Politische Radikalisierung
  • Zugänglichkeit: Deutsche Sprachversion, Englische Sprachversion
  • Vermittlungspotenzial Mittel
  • Zeitaufwand Mittel
  • Komplexität Mittel
Erklärungen zur Bewertung

Trailer

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Erinnerungskulturelle Einordnung

Autor: Peter Färberböck

Peter Färberböck schreibt seine Doktorarbeit zu Medievalismus und Blutmagie in digitalen Spielen an der Uni Salzburg. Er beschäftigt sich außerdem mit Selbstzensur im Medium.

Das Action-Adventure The Last of Us Part II handelt in einer fiktionalisierten USA der Gegenwart und spielt nach einer verheerenden Zombieapokalypse. Die durch Pilzsporen verursachte Seuche überlebten nur wenige Menschen und von demokratischen und staatlichen Systemen ist nur noch wenig übrig geblieben. Das Recht des Stärkeren herrscht in weiten Teilen der Spielwelt.

Die Spieler*innen steuern nacheinander die beiden Protagonistinnen Ellie und Abby aus der Sicht der dritten Person. Das Erkunden der verlassenen Spielwelt ist eine der zentralen Spielmechaniken und wird unter anderem dadurch forciert, dass man mit den in der Umgebung gesammelten Ressourcen überlebenswichtige Gegenstände wie Verbandskästen und Verbesserungen für Waffen herstellen kann. Die meiste Zeit schleichen die Spieler*innen durch ihre Umgebung, um keine gefährliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Im Notfall töten sie Menschen und Zombies mit einem Bogen sowie verschiedenen Nahkampf- und Schusswaffen. Gewalt ist in The Last of Us Part II ein zentrales Element der Handlung.

In beiden Handlungssträngen des Spiels geht es um das zentrale Thema der Rache. Sowohl die Vaterfigur von Abby als auch von Ellie wurden ermordet und diese traumatischen Einschnitte spornen sie zu zunehmend hemmungsloser Gewalt an.

Video-Kurzreview

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Erinnerungskulturelle Bedeutung

Selbst in der Zombieapokalypse gilt: Niemals vergessen. Antisemitismus ist ein großes gesellschaftliches Problem und wird nach aktuellen Berichten immer häufiger. The Last of Us Part II setzt als eines von nur wenigen Computerspielen ein konkretes Zeichen und macht eine Synagoge zum Erinnerungsort für die Gräueltaten gegen die jüdische Bevölkerung, mit namentlichen Verweisen auf Inquisition und Holocaust.

Als Nachfolger des Klassikers The Last of Us (2013) setzt die Handlung des Spiels direkt mit dem tragischen Ausgang des ersten Teils an und führt diese weiter. Die Spieler*innen werden zu Zeugen einer sich steigernden Gewaltspirale und erleben die stetige Verrohung der Protagonistinnen. Während im ersten Teil die Figur Ellie noch für Harmonie und Hoffnung stand, wird sie hier zur Personifizierung von Irrationalität, Gewalt sowie Rachsucht und verliert ihre eigene Menschlichkeit immer mehr aus den Augen.

Diese Motive in der Spielhandlung sind nicht willkürlich: Der kreative Leiter und Co-Autor von The Last of Us Part II, Neil Druckmann, wuchs im Westjordanland in Israel auf und beschreibt im Interview den schreckenerregenden Eindruck, den die Berichterstattung über den Lynchmord von Ramallah an einem israelischen Soldaten im Jahr 2000 auf ihn gemacht hat. Der Israel-Palästina-Konflikt ist so eine prägende Inspiration für die Story des Spiels und zeigt sich insbesondere in Ellies einsamen Rachefeldzug und den verbitterten Konflikten verschiedener Gruppen von Überlebenden, die von Misstrauen, Vorurteilen und Abgrenzung geprägt sind. Auch visuell spiegelt sich der Nahost-Konflikt als Inspiration wider, etwa in den Grenzanlagen und Checkpoints, die zur Eindämmung der Zombies die Stadt Seattle im Spiel durchziehen.

The Last of Us Part II nimmt auch andere zeitgenössische Themen auf: Geschlechterrollen und Stereotype. Ellie ist lesbisch und ihre jüdische Freundin Dina begleitet sie über weite Strecken des Spiels. Abby bricht hingegen mit den typischen ‚Schönheitsidealen‘ der Sozialen Medien. Sie ist muskulös, selbstbewusst und zeigt Führungsstärke.

Die pessimistischen Sicht auf staatliche Institutionen sowie das Verfallen moralischer Werte in einer akuten Krise ist ein weiterer Bestandteil der Handlung und kann mit der aktuellen Pandemiesituation in Kontrast gesetzt werden. Plakate mit Hygieneregeln in den Ruinen von Krankenhäusern bieten hierfür einen eindrücklichen Hintergrund.

Diskussionspunkte

Die Kontroversen, die sich in der Rezeption von The Last of Us Part II entwickelt haben, machen einen weiteren Aspekt der zeitgeschichtlichen und erinnerungskulturellen Relevanz des Spiels aus. Aufgrund der Repräsentation verschiedener Geschlechtsidentitäten und Geschlechterrollen sowie umstrittenen dramaturgischen Entscheidungen in der Spielhandlung ist selbst ein Jahr nach Erscheinen des Spiels eine fern von Fakten oder Vernunft geführte Diskussion noch nicht zu einem Ende gekommen. Diese gipfelte zuletzt in enormen Hass bis hin zu Morddrohungen etwa gegen die Synchronsprecherin von Abby. Trotz der ausgezeichneten Kritiken ist The Last of Us Part II damit bis heute eines der meistdiskutierten und kontroversen Spiele. „Nur SJWs finden das Spiel gut“ – so heißt es u. a. in der Kritik vieler Spieler*innen. SJW (Social Justice Warrior), vergleichbar mit „Gutmensch“, ist ein derogatives Wort für Personen mit sozial progressiven Ansichten. Damit steht das Spiel auch im Kontext gesamtgesellschaftlicher Kulturkämpfe, z. B. in Bezug auf progressive Praktiken wie das sprachliche Gendern.

Über diese wenig zeitgemäße Kritik hinaus bietet The Last of Us Part II aber auch weitere Diskussionsmöglichkeiten. Die Gewalt im Spiel steht nicht nur im Fokus, sondern wird bewusst übersteigert und soll abstoßend wirken. Hieran lässt sich diskutieren, wie und zu welchem Zweck mediale Gewalt heutzutage dargestellt wird. The Last of Us Part II stand für den übermäßigen Gebrauch von Gewalt ebenso vereinzelt in Kritik, da der schiere Grad der Brutalität eine emotionale Bindung zu den Protagonist*innen erschwert und im Rahmen der Story nicht immer plausibel wirkt.

Einsatzmöglichkeiten

Erinnerung spielt in The Last of Us Part II eine zentrale Rolle. Viele Rückblicke beleuchten die Ereignisse zwischen dem ersten und zweiten Teil des Spiels. In einer Synagoge in Seattle wird Antisemitismus und Judenverfolgung thematisiert und erinnert. Im Laufe des Spiels ist Radikalisierung der Protagonist*innen und der verschiedenen Gruppen von Überlebenden sowie das schwierige Unterfangen der Vergebung ebenso ein Thema, das über die Linse der Erinnerungskultur produktiv bearbeitet werden kann.

Dabei ist das Spiel jedoch nicht leicht in Bildungskontexten zu verwenden. Es hat keine Jugendfreigabe (USK ab 18 Jahren) und gewaltfreie Szenen finden sich im Spiel nur selten. Im Gegenteil: Gewalt und Rache eignen sich jedoch als große Themen, die man mittels des Spiels diskutieren kann. Vor allem auch die Kontroversen um das Spiel können interessant sein, weil so ebenso Paratexte und einzelne Trailer in die Bearbeitung einbezogen bzw. eigenständig betrachtet werden können. Das Spielen selbst ist nur in längeren Workshops möglich, weil The Last of Us Part II weit über 20 Stunden dauert. Es bräuchte immensen Aufwand, um entsprechende Speicherstände zu erstellen.

Zum Spielen benötigt man eine PlayStation 4 oder 5. Durch die reichhaltigen Optionen zur Barrierefreiheit, die The Last of Us Part II bereitstellt, ist es jedoch ausgezeichnet für ungeübte Spieler*innen und Menschen mit körperlichen Einschränkungen geeignet – auch dies bietet im Kontext der Spielekultur weiteres Diskussionspotenzial.


Weiterführendes Material

  • Alvarez Igarzábal, Federico, Debus, Michael S. und Maughan, Curtis. L. Violence | Perception |Video Games. New Directions in Game Research. Bielefeld: transcript, 2019.
  • Bundesministerium des Innern und für Heimat, Antisemitismus in Deutschland – aktuelle Entwicklungen. Expertenkreis Antisemitismus, 08.06.2017.
  • Favis, Elise. The Evolution of Ellie. The creators of „The Last of Us Part “ discuss the transformationen of the game’s protagonist from a wide-eyed girl to a woman fueled by vengeance. The Washington Post, 1.7.2020.
  • Girlfriend Reviews. Understanding The Last of Us Part II. YouTube, Video, 9:26.
  • Jung, Matthias und Korkmaz, Baran. Dossier „Antisemitismus“, Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, 7.11.2018.
  • Pfister, Eugen. Von Pilzmenschen und Ruinenromantik (Fallstudie 50: The Last of Us). Horror-Game-Politics, 24.03.2021.
  • Trumbore, Dave. „The Last of Us: Part II“: One Year Later and the Worst Takes Still Remain. Collider, 19.6.2021.

Zitierempfehlung

Färberböck, Peter. „The Last of Us Part II“. Datenbank Games und Erinnerungskultur. Stiftung Digitale Spielekultur, 15.12.2021. [URL], zuletzt aufgerufen am: [Datum]

Förderer

Dieser Beitrag wurde aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus gefördert.