Spielecover: Hidden Codes

Hidden Codes

Im Mobile Game Hidden Codes übernehmen die Spielenden die Rolle einer jugendlichen Person, die sich in unterschiedlichen sozialen Kontexten, wie dem Engagement in einer Schulzeitung, mit der Radikalisierung von Menschen aus dem sozialen Umfeld auseinandersetzen muss. Ziel des Spiels ist es, in verschiedenen abgeschlossenen Episoden den Prozessen der Radikalisierung durch digitale Kommunikation entgegenzuwirken.

Allgemeine Infos

  • Entwickler: Playing History (Deutschland)
  • Publisher: Bildungsstätte Anne Frank
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Genre: Serious Game
  • Thema: 21. Jahrhundert, Antisemitismus, Flucht und Migration, Politische Radikalisierung
  • Zugänglichkeit: Deutsche Sprachversion, Kostenlos, Lehrmaterial vorhanden
  • Vermittlungspotenzial Hoch
  • Zeitaufwand Gering
  • Komplexität Gering
Erklärungen zur Bewertung

Erinnerungskulturelle Einordnung

Autor: Johannes Eickhorst

Johannes Eickhorst hat nach seinem ersten fachwissenschaftlichen Abschluss der Geschichts- und Politikwissenschaften ein zweites Studium für das gymnasiale Lehramt begonnen und arbeitet nebenberuflich als Lektor und im bildenden Bereich.

Das Spiel Hidden Codes ist in der Gegenwart angesiedelt und behandelt die Gefahr der Radikalisierung im Internet sowie durch Soziale Medien wie Instagram und Whatsapp. Hidden Codes richtet sich an Jugendliche ab 14 und ist ein Mobile Game, also auf mobilen Endgeräten spielbar. Die Spielenden übernehmen die Rolle einer jugendlichen Person, die sich in unterschiedlichen sozialen Kontexten, wie dem Engagement in einer Schulzeitung, mit der Radikalisierung von Freunden und anderen Menschen aus dem sozialen Umfeld auseinandersetzen muss. Ziel des Spiels ist es, in verschiedenen abgeschlossenen Episoden den Prozessen der Radikalisierung durch digitale Kommunikation entgegenzuwirken, z. B. indem betroffene soziale Kontakte über einen Chat mit ihrem Verhalten konfrontiert oder die titelgebenden „versteckten Zeichen“ radikaler Ideologien und Ansichten auf Fotos in Social-Media-Profilen aufgedeckt werden. Die Spielenden sollen auf diese Weise für das Erkennen einschlägiger Symbole etwa aus dem Rechtsextremismus sensibilisiert werden, besonders dort wo eine „versteckte“ Verwendung in scheinbar unpolitischen bzw. unideologischen vorliegt.

Erinnerungskulturelle Bedeutung

Sowohl nationale Einzelgesellschaften als auch die globale Gesellschaft als Ganzes befinden sich gegenwärtig in umfassenden Wandlungsprozessen, die aus gesellschaftlichen Umbrüchen wie der Globalisierung, der Digitalisierung oder dem Klimawandel resultieren. In dieser sich stetig verändernden Welt ist es besonders für junge Menschen zunehmend schwierig, eine demokratisch-pluralistische Identität auszubilden, da bislang etablierte politische, soziokulturelle und religiöse Orientierungsstrukturen in einer vernetzten Welt an Bedeutung verloren haben und in Konkurrenz zu neuen Angeboten der Identitätsstiftung stehen – insbesondere durch extremistische Gruppierungen und Ideologien. Das Spiel Hidden Codes versucht die Strategien hinter diesen Radikalisierungsbestrebungen aufzudecken und das Erkennen einschlägiger Symbole und Codes, wie beispielsweise Flaggen des Deutschen Reichs, germanische Runen, NS-Symbole oder antisemitische Verschwörungsmythen, zu schulen. Hidden Codes ist diesbezüglich ein besonderes Spiel, da es vollkommen an die digitale Lebenswelt der Jugendlichen angepasst wurde und vertraute Soziale Medien wie Whatsapp, Instagram oder Facebook glaubwürdig nachbildet. Bereits in der ersten Episode wird durch den Hinweis auf Vandalismus an Plakaten zu einer Holocaust-Gedenkveranstaltung zudem die große Gefahr für eine demokratische Erinnerungskultur durch Extremismus betont. Aktuelle Bezüge zur Corona-Pandemie und den damit verbundenen Verschwörungsmythen rücken ebenso moderne Formen des Antisemitismus in den Fokus. Hidden Codes lässt sich damit gezielt in bildungspolitischen Kontexten verwenden und wurde aufgrund seines innovativen Konzepts für den Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie „Bestes Serious Game“ nominiert.

Diskussionspunkte

Durch die durchdachte und innovative Spielkonzeption erscheint Hidden Codes geeignet, um jungen Menschen unter Rückbezug auf deren aktuelle Lebensrealität – Stichwort „Digital Natives“– die notwendigen präventiven Kenntnisse und Kompetenzen an die Hand zu geben, um Radikalisierung im Netz souverän zu begegnen. Kritisch könnte gesehen werden, dass das Benutzerinterface des Spiel zum Teil etwas sperrig und langsam ist, vor allem im Vergleich mit den realen Social-Media-Vorbildern, was ggf. Spielende zu einem vorzeitigen Abbruch des Spiels verleiten könnte. Obwohl eine pädagogische Begleitung von der Bildungsstätte Anne Frank empfohlen wird, kann Hidden Codes grundsätzlich auch ohne pädagogische Begleitung gespielt werden, setzt bei den Spielenden aber grundlegende Kenntnisse über Extremismus und Radikalismus voraus, wenn die präventive Funktion des Spiels ohne Risiken erfüllt werden soll. Ebenfalls kritisch zu hinterfragen ist, dass im Spiel gezielt private Videos und Postings untersucht und dokumentiert werden müssen, was durchaus einen Eingriff in Persönlichkeits- und Urheberrechte der betreffenden User beinhalten kann. Während diese Praktik im Spiel durch das Ziel, Extremismus zu verhindern, legitimiert wird, kann es in der Realität ohne pädagogische Begleitung zu Risikoverhalten und Rechtsverstößen kommen, wenn Jugendliche sich etwa motiviert fühlen, in reale extremistische Netzwerke einzudringen. Es stellt sich außerdem die Frage, wie lange Spiele wie Hidden Codes aktuell sein können angesichts einer sich rapide wandelnden digitalen Welt.

Einsatzmöglichkeiten

Hidden Codes lässt sich nicht nur sinnvoll in bildungspolitischen Kontexten wie dem Schulunterricht (Geschichte, Politik, Gesellschaftskunde; ab 14 Jahren), sondern auch in den privaten Lebenswelten junger Menschen, beispielsweise im Kontext von Jugendorganisationen, Arbeitsgemeinschaften, Jugendinitiativen etc. einsetzen. Die technischen Anforderungen sind sehr gering, die Spielenden müssen lediglich ein Smartphone oder einen Computer mit Internetbrowser besitzen. Auch wenn sich die Spielenden grundsätzlich eigenständig für Radikalisierung im Netz mit Hilfe von Hidden Codes sensibilisieren können, wird von der Bildungsstätte Anne Frank eine medienpädagogische Begleitung und Nachbereitung durch Lehrkräfte und Multiplikator*innen empfohlen. Dazu bietet die Bildungsstätte auf Anfrage nicht nur kostenlose Fortbildungen, sondern auch weiterführende Informationsmaterialien an. Die Spielenden können aus Hidden Codes vor allem die Fähigkeit mitnehmen, Anzeichen und Symbole politischer Radikalisierung im Netz zu erkennen, um sich gezielt gegenüber derartigen Ideologien zu positionieren. Außerdem wird die grundsätzliche Medienkompetenz der Spielenden gefördert, da ihnen Kenntnisse über extremistische Kommunikationsstrategien vermittelt werden, die in ihnen in ihrem realen Medienalltag begegnen können.


Weiterführendes Material

  • Beyersdörfer, Alexandra/Ipsen, Flemming/Eisentraut, Steffen/Wörner-Schappert, Michael/Jellonnek, Fabian: Vernetzter Hass. Wie Rechtsextreme im Social Web Jugendliche umwerben, in: Jugendschutz.net (Hrsg.), 2017.
  • Demokratie leben: Handy-Spiel „Hidden Codes“ vermittelt Wissen über Radikalisierung im Netz, in: Demokratie leben, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, zuletzt aufgerufen am 25.11.2021.
  • Ebner, Julia/Riesselmann, Kirsten: Radikalisierungsmaschinen. Wie Extremisten die neuen Technologien nutzen und uns manipulieren (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung), Bonn 2020.
  • El-Wereny, Mahmud: Radikalisierung im Cyberspace, Bielefeld 2020.
  • Fielitz, Maik/Marcks, Holger: Digitaler Faschismus. Die sozialen Medien als Motor des Rechtsextremismus, Berlin 2020.
  • Frankenberger, Patrick: Radikalisierungsfaktor Internet? Jugendliche im Fokus dschihadistischer Propaganda, in: Kärgel, Jana (Hrsg.) „Sie haben keinen Plan B“. Radikalisierung, Ausreise, Rückkehr, zwischen Prävention und Intervention. Bonn 2018.
  • Frankenberger, Patrick/Hofmann, Ingrid/Ipsen, Flemming/Oezmen, Fehime/Zarabian, Nava: Lagebericht Rechtsextremismus im Netz, Bericht 2018, Jugendschutz.net.
  • Friedrich, Björn: Hidden Codes, ein Mobile Game zu Radikalisierung im Netz, in: Medienpädagogik Open-Praxisblog, zuletzt aufgerufen am 25.11.2021.
  • Frischlich, Lena/Rieger, Diana: Hass im Netz – Hass im Herzen? Die Wirkung rechtsextremistischer und islamistisch-extremistischer Online Propagandavideos und mögliche Gegenangebote im Netz, 2017, zuletzt aufgerufen am 07.12.2021.
  • Games im Unterricht: Hidden Codes, in: Games im Unterricht, LFK – Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, zuletzt aufgerufen am 25.11.2021.
  • Grampes, Timo: Spiel „Hidden Codes“. Gelungene Extremismus-Aufklärung per Game, in: Deutschlandfunk Kultur, 30.03.2021, zuletzt aufgerufen am 25.11.2021.
  • Kahl, Martin: Was wir über Radikalisierung im Internet wissen – Forschungsansätze und Kontroversen, Demokratie gegen Menschenfeindlichkeit: Radikalisierung. Schwalbach am Taunus 2018.
  • Knipping-Sorokin, Roman/Stumpf, Teresa: Radikal Online – Das Internet und die Radikalisierung von Jugendlichen: eine Metaanalyse zum Forschungsfeld, in: SSOAR (Hrsg.), 2018.
  • Kühnert, Theresa/Meyer, Leonie: HIDDEN CODES – mit Serious Games gegen Radikalisierung vorgehen, in: Bundeszentrale für politische Bildung, Bildung im digitalen Wandel, werkstatt.bpb.de, 03.03.2021, zuletzt aufgerufen am 25.11.2021.

Zitierempfehlung

Eickhorst, Johannes. „Hidden Codes“. Datenbank Games und Erinnerungskultur. Stiftung Digitale Spielekultur, 15.12.2021. [URL], zuletzt aufgerufen am: [Datum]

Förderer

Dieser Beitrag wurde aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus gefördert.