Spielecover: World in Conflict - Complete Edition

World in Conflict: Complete Edition

Im Echtzeit-Strategiespiel World in Conflict: Complete Edition steuern die Spieler*innen als amerikanischer Offizier Parker ihre Truppen im Rahmen des alternativhistorischen Settings eines Dritten Weltkriegs auf diversen Kriegsschauplätzen gegen die UdSSR.

Allgemeine Infos

  • Entwickler: Massive Entertainment (Schweden / USA)
  • Publisher: Ubisoft
  • Erscheinungsjahr: 2009
  • Genre: Real Time Strategy, Strategy
  • Thema: Kalter Krieg
  • Zugänglichkeit: Deutsche Sprachversion, Englische Sprachversion
  • Vermittlungspotenzial Gering
  • Zeitaufwand Hoch
  • Komplexität Mittel
Erklärungen zur Bewertung

Trailer

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Erinnerungskulturelle Einordnung

Autor: Markus Bassermann

Markus Bassermann ist freier Historiker und Leiter des Genossenschafts-Museums in Hamburg. Einer seiner Schwerpunkte ist die digitale Geschichts- und Erinnerungskultur, insbesondere an der Schnittstelle zwischen (Spiel-)Entwicklung und Vermittlung.

Das Echtzeitstrategiespiel World in Conflict wirft Spielende in das Szenario eines Dritten Weltkriegs in der Spätphase des Kalten Krieges. Nachdem Verhandlungen um wirtschaftliche Hilfe für eine darbende UdSSR gescheitert sind, marschiert diese unvermittelt in die BRD ein. Wenig später weitet der Konflikt sich auch auf US-amerikanisches Territorium aus. Der Einzelspieler-Modus besteht aus einer 20 Missionen umfassenden Kampagne, wovon der Großteil aus Sicht des US-Soldaten Parker erzählt wird. Acht der Missionen wechseln die Perspektive und begleiten den Kriegsverlauf aus der Perspektive von Lieutenant Romanov. Im Multiplayer treten Spielende in Teams als USA oder UDSSR an. Durch die Festlegung auf bestimmte Rollen, beispielsweise „Infanterie“ oder „Unterstützung“, sollen Teamplay und Kommunikation forciert werden. Der Spielfokus liegt in World in Conflict klar auf dem eigentlichen Kampf, der genretypische Basenbau fehlt komplett. Stattdessen verfügen Spieler über einen festen Punkte-Pool, mit dem sie ihre Einheiten rekrutieren. Durch aktive Kampfmaßnahmen erhalten sie zudem eine zweite Währung, mittels derer sie taktische Waffen wie Luftschläge oder Artillerie einfordern können.

Video-Kurzreview

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Erinnerungskulturelle Bedeutung

Erinnerungskulturell ist World in Conflict ganz klar als rückblickende Auseinandersetzung mit der prinzipiellen Angst des Kalten Krieges interessant: Einer Eskalation zum offenen Konflikt. Das Spiel sticht dabei durch seine dramatische Inszenierung hervor, die die Schicksale einzelner Soldaten in den Vordergrund stellt: der Krieg als Bewährungsprobe für das militärisch und moralisch integre Individuum. Tatsächlich war mit Larry Bond auch ein namhafter Thriller-Autor an der Ausarbeitung beteiligt. Insofern ist sehr interessant, wie im Spiel die Konfliktparteien dargestellt und welche Darstellungsweise sowohl in Story als auch Gameplay gewählt wurden. Diese Inszenierung eines eskalierten Kalten Kriegs als unterhaltsame Popkultur unterscheidet World in Conflict deutlich von den nüchternen Herangehensweisen klassischer Konfliktsimulationen oder auch vergleichbarer digitaler Spiele wie Wargame: European Escalation oder ARMA3: Global Mobilization. Eher kann es in der Nähe solcher Titel wie Call of Duty: Black Ops Cold War (aufgrund der Erzählweise und der Nutzung des Kalten Kriegs als Story-Vehikel) oder Command & Conquer: Generals (aufgrund des effektreich inszenierten realitätsnahen Konflikts) verortet werden.

Diskussionspunkte

World in Conflict verursachte bei Erscheinen keine größeren Kontroversen und wurde insgesamt wohlwollend aufgenommen. Dagegen wurde in einzelnen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen die einseitige Darstellungsweise angesprochen, die auf gängigen Feindbildern des Kalten Kriegs beruhe. So sticht hervor, dass die amerikanische Seite als heldenhafter Kampf gegen alle Widerstände entwickelt wird, dessen Protagonisten sich durch soldatische Tugenden und Opfermut auszeichnen. Analog hierzu wird die UDSSR als Raegan-esques „evil empire“ inszeniert, deren Vertreter gerade dadurch hervorsticht, dass er am Sinn seines militärischen Auftrags zweifelt. Ebenfalls diskutiert wurde die (Nicht-)Thematisierung von Nuklearwaffen im Spiel, die lediglich sehr lokalisiert zum Einsatz kommen. Vor diesem Hintergrund ist insbesondere die tonale Dissonanz zwischen Single- und Multiplayer interessant: Im Singleplayer ist der Abwurf von Atomwaffen nur in Ausnahmesituationen möglich, die Eskalation wird von der Story gewürdigt. Mit der narrativen Klammer fällt im Multiplayer aber auch diese Einsortierung. Panzer, Napalm, Atomwaffen etc. sind dort gleichsam legitime Mittel, um eine Partie zu gewinnen. In diesem Sinne bleibt die Frage, ob Erzählung (actionreich, aber betont ernst) und Spielerfahrung (hektische, ausufernde Materialschlacht) zueinander passen oder sich doch reiben. Auffällig ist zudem, dass die Existenz von Zivilisten in der Story zwar wiederholt thematisiert wird, im eigentlichen Spielverlauf aber keine Rolle mehr spielt.

Einsatzmöglichkeiten

World in Conflict bietet sich naheliegenderweise zur Auseinandersetzung mit der popkulturellen Aufbereitung des Kalten Kriegs an. Vor allem die Frage nach dessen kulturellem Nachhall kann auf Basis der Story gut diskutiert werden. Insbesondere anhand der Motivation der gezeigten Kriegsparteien und Soldaten kann gefragt werden, welche Rolle Autor:innen und Designer:innen in der Entwicklung von digitalen Spielen spielen. Daran kann erörtert werden, dass diese – wie alle Kulturgüter – nicht neutral sind, sondern immer auch Positionen und Überzeugungen transportieren. Für diese Herangehensweise kann problemlos auf die Cutscenes zurückgegriffen werden. Ähnliche Medien, wie etwa der Film Red Dawn (1984), den die Entwickler:innen auch als Inspiration zitieren, können hierzu eine gute Ergänzung sein. Eine Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Gameplay steht aufgrund von dessen Komplexität und schnellem Ablauf vor einer größeren Hürde. Eventuell ist es sinnvoll, dieses im Kontrast mit den Zwischensequenzen zu zeigen, um die Frage aufzuwerfen, ob Spielerfahrung und Narrativ sich hier reiben. Gerade der in den Diskussionspunkten angesprochene Atomwaffeneinsatz kann ohne Blick in das eigentliche (Multiplayer-)Spiel nicht ausreichend gefasst werden. Gegebenenfalls sollte hierzu dann auf ein Vorspielen oder auf Let’s Plays zurückgegriffen werden. Die Anforderungen an moderne Hardware sind gering, jedoch sind für das Multiplayer-Spiel kostenlose Community-Patches (via massgate.org) erforderlich.


Weiterführendes Material

  • Greiner, Florian, und Maren Röger. „Den Kalten Krieg spielen. Brett- und Computerspiele in der Systemkonfrontation“. Zeithistorische Forschungen – Studies in Contemporary History 16, Nr. 1 (7. Juni 2019): 46–73.
  • Nohr, Rolf F., und Serjoscha Wiemer. Strategie Spielen. Medialität, Geschichte und Politik des Strategiespiels. Bd. 9. Münster: Lit, 2008.
  • Reisner, Clemens. Cold War Games: Der Kalte Krieg in Computerspielen (ca. 1980–1995). Köln: Böhlau, 2020.
  • Schulze von Glaßer, Michael. „Das virtuelle Schlachtfeld: der Kalte Krieg in Videospielen; Atomwaffen und Gehirnwäsche“, 2014.
  • Schulzke, Marcus. „Refighting the Cold War: Video Games and Speculative History“. In Playing with the Past: Digital Games and the Simulation of History, herausgegeben von Matthew Wilhelm Kapell und Andrew B R Elliott, 261–75. London [u.a.]: Bloomsbury, 2013.
  • Bender, Steffen. Virtuelles Erinnern: Kriege des 20. Jahrhunderts in Computerspielen. Bd. 23. Bielefeld: transcript Verlag, 2014.
  • Schwarz, Angela. „Quarry-Playground-Brand“. In History in Games, herausgegeben von Martin Lorber und Felix Zimmermann, 25–46. Bielefeld: transcript-Verlag, 2020.

Zitierempfehlung

Bassermann, Markus. „World in Conflict: Complete Edition“. Datenbank Games und Erinnerungskultur.Stiftung Digitale Spielekultur, 15.12.2021. [URL], zuletzt aufgerufen am: [Datum]

Förderer

Dieser Beitrag wurde aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus gefördert.