The Inner World: Der letzte Windmönch
Im Adventuregame The Inner World: Der letzte Windmönch begleiten die Spieler*innen den jungen Thronerben Robert, der seinen Planeten Asposien von der Diktatur der Conroyalisten befreien soll. Diese verfolgen und töten die Bevölkerungsgruppe der Instrumentennasen, die jedoch für den Fortbestand des Planeten notwendig sind.
Trailer
Erinnerungskulturelle Einordnung
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The Inner World: Der letzte Windmönch ist bereits das zweite Adventure, das in der fiktiven Welt Asposien spielt. Dieses Land liegt im Inneren eines Planeten und wird durch die Dynastie der Instrumentennasen mit Luft versorgt. Die Gruppe der Conroyalisten halten am alten, früher unbeliebten Diktator Conroy fest. Sie nutzen Verschwörungstheorien zur Rechtfertigung, um alle Instrumentennasen gefangen zu nehmen, zu deportieren und zu töten.
Als Robert schlüpfen die Spieler*innen in die Rolle des Thronerbens, der von Conroy als Kind entführt wurde. Der Diktator trichterte ihm ein, dass er wertlos sei. Die Spieler*innen rätseln sich durch die Spielwelt, sprechen mit anderen Asposier*innen. Robert soll nämlich mit seiner Taube Hack und seiner Geliebten Laura die Unterdrückung beenden, den Diktator stürzen und die Wahrheit verbreiten. Die Asposier*innen sollen bemerken, dass sie einer wirren Ideologie aufgesessen sind. Das Problem: Robert will eigentlich gar nicht herrschen.
Video-Kurzreview
Erinnerungskulturelle Bedeutung
The Inner World schafft es, mit einfachen Mechaniken und einer Alterseinstufung ab 6 Jahren die Konzepte Diktatur und Faschismus zu erklären. Dabei fließen in die Geschichte nicht nur Elemente des NS-Regimes wie die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung ein, sondern aktuellere Strömungen wie PEGIDA sind auch zu sehen.
Studio Fizbin setzt mit The Inner World: Der letzte Windmönch direkt nach dem Vorgänger an. Während das erste Adventure noch die Geschichte der Instrumentennasen und den religiösen Despoten Conroy im Fokus hatte, wird hier der fanatische Faschismus des ehemaligen Händlers Emil gezeigt. Außerdem wird die Manipulation der Bevölkerung durch Propaganda thematisiert. Protagonist Robert zeigt die kindliche Sicht auf diesen grausamen Konflikt, der gar nicht so richtig versteht, warum seine Verwandten und Freund*innen verfolgt, eingesperrt, deportiert und anschließend getötet werden. The Inner World zeigt den Widerstand gegen die Diktatur und auch den Versuch weiter menschlich zu bleiben.
In dieser Alterskennzeichnung gebührend diesen Themenkomplex anzuschneiden, ist schwierig genug. Vor allem das erste Kapitel zeigt, wie das gehen kann und konzentriert sich auch stark darauf. Im Verlauf des Spiels wird es entsprechend aufgelockert, um für ein Comic-Adventure, das auf Humor setzt, nicht zu düster zu wirken.
Diskussionspunkte
Durch die bewusst einfach gehaltene Optik und den Humor, der deutlich im Vordergrund steht, werden das Regime und der Diktator harmlos dargestellt. Zumindest kommt es zu einer deutlichen Überzeichnung, die das übliche unfähige, verrückte Regime zeigt. Hier wird die Frage aufkommen, warum denn der Großteil der Bevölkerung diesem Regime der Conroyalisten dann geglaubt hat.
Weiterhin bezieht sich The Inner World: Der letzte Windmönch auf Verschwörungstheorien. Dies wird durch einen Charakter, der einen Aluhut trägt, umso deutlicher. Problematisch ist dabei, dass dieser Aluhut-Träger einer der wenigen ist, der dem Regime auf die Schliche gekommen ist. Seine Verschwörungstheorie ist also richtig, was als Normalisierung dieser verstanden werden kann.
Da es ein typisches Adventure ist, spielt genretypisch Zeit keine Rolle. Es wird zwar suggeriert, dass schnell gehandelt werden muss, aber eigentlich hat man alle Zeit der Welt. Da die Familie und die Freund*innen in Gefahr sind, wirken Nebenaufgaben, wie ein Bingo-Spiel, das man manipulieren soll, fremd.
Es sei hier auch zu erwähnen, dass es insgesamt immer noch ein heiteres Spiel ist. Es ist drollig und humorig. Das hebt den Kontrast zur düsteren Diktatur zwar hervor, aber die Grund-Atmosphäre bleibt unbekümmert.
Einsatzmöglichkeiten
Durch die niedrige Altersbeschränkung ist Der letzte Windmönch auch für Kinder gut geeignet. Da bereits ganz zu Beginn des Spiels die wichtigsten Aspekte der Diktatur, der Propaganda und der Verfolgung gezeigt und angesprochen werden, kann es auch in kurzen Spiel-Sitzungen verwendet, interpretiert und diskutiert werden. Es muss jedoch auf die fröhliche Präsentation und den Humor eingegangen und der Kontrast zum bedrohlichen Faschismus erklärt werden.
Außerdem kann auch Der letzte Windmönch als Beispiel für Verschwörungstheorien betrachtet werden. Einerseits wird kritisch auf diese eingegangen, denn die Conroyalisten berufen sich u. a. auf einen Opfermythos und auf eine Verschwörung gegen sie. Die Diktatur versucht per Propaganda zu rechtfertigen, warum sie an der Macht bleiben sollten. Andererseits werden aber augenzwinkernd die Verschwörungstheorien normalisiert. Hier sollte klar drauf eingegangen werden, dass einzelne Verschwörungstheoretiker*innen mit Aluhut in der Realität nicht die Einzigen sind, die die Welt verstehen.
Die Comic-Grafik bedeutet auch entsprechend geringe Systemvoraussetzungen und das Spiel ist auf nahezu allen Plattformen zu kaufen. Insgesamt können hier die Bedeutung der Medienkompetenz und die Wirkung von Propaganda einfach erklärt werden. Das Adventure bleibt jedoch an der Oberfläche.
Weiterführendes Material
- Butter, Michael. Antisemitische Verschwörungstheorien in Geschichte und Gegenwart. Bundeszentrale für politische Bildung, 26.11.2020.
- Maack, Tobias. Interview mit Sebastian Mittag von Studio Fizbin zu The Inner World 2. Adventure Corner (Video-Interview), 24.02.2017, 14:20.
- Pfahl-Traughber, Armin. Pegida. Eine Protestbewegung zwischen Ängsten und Ressentiments. Bundeszentrale für politische Bildung, 02.02.2015.
- Pfister, Eugen. „Das Unspielbare spielen“: Imaginationen des Holocaust in Digitalen Spielen. In Zeitgeschichte 4 (2016), 250-263.
- Pfister, Eugen. „Where the Line of Decency is Drawn.“ Imaginationen des Holocaust in Digitalen Spielen. Spiel-Kultur-Wissenschaft (Blog), 26.09.2018.
Zitierempfehlung
Färberböck, Peter. „The Inner World: Der letzte Windmönch“. Datenbank Games in der Erinnerungskultur. Stiftung Digitale Spielekultur, 24.06.2021 [URL], zuletzt aufgerufen am: [Datum].