Über die Datenbank: Games und Erinnerungskultur

Games greifen auf vielfältige Weise die Vergangenheit auf, sei es als narratives Setting oder an historische Prozesse angelehntes Spielsysteme. Manche von ihnen möchten gezielt an geschichtliche Ereignisse erinnern oder zum Diskutieren anregen. Andere nutzen originelle Mittel, um Informationen über die Vergangenheit zu vermitteln – oder sie lassen bewusst und unbewusst erinnerungskulturelle Lücken. Um Orientierung in der Vielfalt der Angebote und Zugänge zu schaffen, sammelt die Datenbank „Games und Erinnerungskultur“ von Expertin*innen kuratierte und eingeordnete Games, die von Relevanz für die Erinnerungskultur sind.

Was ist ein erinnerungskulturell relevantes Spiel?

In digitales Spielen werden historische Ereignisse thematisiert und erfahrbar gemacht. Da sie ein Massenmedium sind, prägen sie die Art und Weise, wie Gesellschaften kulturell ihre Geschichte aushandeln. Oder anders formuliert, wie Menschen sich an die Vergangenheit erinnern und diese medial vergegenwärtigen. Ein Spiel ist also schon dann erinnerungskulturell relevant, wenn es historische Themen inszeniert. In vorliegenden Fall sind dies vorrangig Themen der deutschen Zeitgeschichte wie die nationalsozialistische Herrschaft, Holocaust, Weltkriege, Kolonialismus, deutsch-deutsche Geschichte, sowie Migrationsgeschichte.

Erinnerungskultur hat eine normative Ebene, insbesondere wenn an historisches Unrecht und Verbrechen erinnert und werden soll. Dies geschieht mit der Zielsetzung durch Bildung die Bedingungen zu schaffen, erneutes Unrecht zukünftig zu verhindern. Daher sind auch digitale Spiele, die gegenwärtige, gesellschaftlich und politisch relevante Themen aufgreifen, erinnerungskulturell relevant. Dies sind beispielsweise Themen wie Antisemitismus, Rassismus, Flucht und Vertreibung oder politische Radikalisierung. Die Anzahl an Spielen, die sich dezidiert dem Anliegen politisch-historischer Aufklärung oder Bildungsarbeit verschreiben, steigt stetig. Diese Datenbank ist auch als ein Monitoring und Informationsangebot über diesen Teilbereich digitaler Spielekultur zu verstehen.

Darüber hinaus sind einige Spiele aufgeführt, die aus medienhistorischen und spielkulturellen Gründen relevant erscheinen. Dies können Titel sein, die gesellschaftliche Debatten über den kulturellen Status digitaler Spiele ausgelöst haben; oder auch solche Spieletitel, die auf spielmechanischer Ebene eine Vorreiterrolle eingenommen haben; oder schlicht aufgrund ihrer hohen Spieler*innenzahlen eine hervorgehobene spielkulturelle Bedeutung besitzen.

Die Datenbank wird regelmäßig aktualisiert und erweitert, erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Bewertungsschema

Die Spiele werden durch das das Redaktionsteam der Stiftung Digitale Spielekultur und die Autor*innen, die zumeist dem Arbeitskreis Geisteswissenschaften und Digitale Spiele (AKGWDS) angehören, bewertet. Dies erlaubt uns auch Spieletitel aufzuführen, die in einem medienpädagogischen Sinne wenig didaktisches Potential aufweisen, aber dennoch wie oben erläutert erinnerungskulturell relevant sind. Auf die aufgeführten Spieletitel werden die drei Bewertungskategorien Vermittlungspotential, Zeitaufwand und Komplexität angewendet.

Vermittlungspotenzial

niedrig

mittel

hoch

kein Potenzial

Mit Vermittlungspotential wird bewertet, inwiefern ein Spiel unserer Ansicht nach geeignet ist, dass Spielende sich mit ihnen historisches Wissen aneignen können oder eben Wissen über erinnerungskulturell relevante Themen. Grundsätzlich ist dies mit allen der aufgeführten Spiele möglich. Daher ist ein wichtiger Punkt in dieser Bewertungskategorie, inwiefern ein Spiel und eine Spielerfahrung für sich stehen kann. Ein Spiel, das aus unserer Sicht ein hohes Vermittlungspotential hat, braucht wenig pädagogische Rahmung. Aus einer Reflektion der eigenen Spielerfahrung eines Spiels mit hohem Vermittlungspotential können Spielende sich selbst historische Ereignisse und Zusammenhänge erschließen. Ein Spiel mit einem geringeren Vermittlungspotential braucht allerdings eine intensive Einbindung in eine von Pädagog*innen gestaltete Lernsituation. Daher kann auch ein Titel mit einem „geringem Vermittlungspotential“ mit produktiven Fragestellungen und geeignete Methoden gut in der historisch-politischen Bildung eingesetzt werden. Die Einordnung der verschiedenen Games durch die Autor*innen diskutiert jeweils Anknüpfungspunkte für die Didaktisierung. Es gibt jedoch einige Spieltitel, die für sich genommen kein oder kaum Vermittlungspotential mitbringen. Dies sind beispielsweise Games, die offen geschichtsrevisionistischen Erzählungen propagieren oder auch solche Titel, die eine spielhistorische Relevanz aufweisen, aber aus heutiger Perspektive mit Blick auf aktuelle Spielgewohnheiten unspielbar erscheinen.
Zeitaufwand

niedrig

mittel

hoch

Der Zeitaufwand ist schlicht die ungefähre Spielzeit für einen Spieldurchlauf. Wenn ein Spieldurchlauf unter zwei Stunden dauert, so ist dies eine geringer Zeitaufwand. Wenn Spielzeiten von über 20 Stunden erforderlich sind, damit sich Spielenden die erinnerungskulturelle Relevanz des Spieletitels erschließt, ist dies ein hoher Zeitaufwand. Ein mittlerer Zeitaufwand ist alles dazwischen. Wobei auch Spiele als Gegenstände in Lernsituationen benutzt werden können, ohne dass diese notwendigerweise selbst gespielt werden müssen. Beispielsweise indem Einzelaspekte herausgegriffen oder Spielsequenzen in Form von Let’s Plays o.Ä. benutzt werden. Auch hierfür geben die Autor*innen der Einträge Hinweise.
Komplexität

niedrig

mittel

hoch

Die Komplexität eines Spiels bemisst sich ebenso an unterschiedlichen Dimensionen, und ist ebenso subjektiv bemessen wie das Vermittlungspotential und abhängig von individuellen Spielerfahrungen. Von uns berücksichtig werden Steuerung, Einarbeitung, Hardwareanforderung und die inszenierten Themen: Wenn ein Spiel eine schwierig zu erlernende Steuerung hat, ist es komplex. Wenn es sehr schwierige Rätsel enthält oder eine umfassende Einarbeitung erfordert, um relevante spieletaktische Entscheidungen treffen zu können, ist es ebenso komplex. Aber auch wenn ein Spieltitel spezielle Hardwareanforderungen hat, wie leistungsfähige VR-Systeme, und dies den didaktischen Einsatz deutlich erschwert, erhöht dies die Komplexitätsbewertung. Außerdem wird das jeweils zugrundeliegende Thema berücksichtigt. Ein Spiel, dessen erinnerungskulturelles Potential sich erst nach einer intensiven Spielerfahrung, Recherche und Dekonstruktion der inszenierten Geschichtsbilder realisieren kann, ist in unserem Sinne ebenfalls komplex.

Sie haben einen Hinweis auf ein weiteres relevantes Spiel? Ist Ihnen ein Fehler an der Datenbank aufgefallen? Kontaktieren Sie uns gerne: erinnerungskultur@stiftung-digitale-spielekultur.de

Förderer

Der Aufbau der Datenbank wurde finanziert durch Fördermittel der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ).

Die Erweiterung der Datenbank im Dezember 2021 wurde aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus gefördert.

Die Erweiterung der Datenbank zum Thema „Flucht und Migration“ wurde im Juni 2022 im Rahmen des Migration Lab Germany aus Mitteln der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ), der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus und der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) gefördert.

Die Überarbeitung und Erweiterung der Datenbank in den Jahren 2023 und 2024 im Rahmen des Projekts „Let’s Remember! Erinnerungskultur mit Games vor Ort“ wird in der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.

Die Einträge der Datenbank stellen keine Meinungsäußerung der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autor*innen die Verantwortung.