Moral nach der Zombie-Apokalypse

Autor*in
Institut Spielraum & Tobias Staaby

Im Rahmen dieser Methode wird das digitale Spiel The Walking Dead (Telltale Games) genutzt, um über Moral, Ethik und Philosophie zu lehren. Das kann sowohl in kurze Einheiten von 45–60 Minuten abgehandelt, als auch über mehrere Wochen hinweg mehrere Male das Spiel z. B. in den Schulunterricht integriert werden.

Inhalt:

Das Spiel The Walking Dead basiert auf den gleichnamigen Comics, bzw. der Fernsehserie. Es spielt daher in einem Weltuntergangsszenario, wo die überlebenden Menschen von Zombies bedroht werden. Dabei handelt es sich um ein Point-and-Click-Adventure, dessen Fokus nicht auf Rätsellösen, sondern auf der Geschichte und den Charakteren liegt. Die Geschichte des Spiels wird von Entscheidungen und Handlungen der Spielenden beeinflusst, so dass im Verlauf der Handlung bestimmte Charaktere sterben können oder ihre Haltung gegenüber dem Protagonisten (Lee Everett) entsprechend ändern – je nachdem, wie man sich verhalten hat. Das Spiel ist ab 18 Jahren frei gegeben, obwohl es eine sehr comichafte Darstellung von Gewalt hat. Es muss dementsprechend umsichtig mit ihm gearbeitet und die Zielgruppe bedacht werden.

Dabei ist das bemerkenswerte an dem Spiel, dass sich viele der Fragen und Entscheidungen im Bereich moralischer ‚Grauzonen‘ befinden, selten sind ‚gut‘ und ‚böse‘ klar getrennt. Hier bietet sich die Möglichkeit, die eigenen Wertemaßstäbe und moralischen Entscheidungsgrundlagen zu hinterfragen: Nehme ich mehr Menschen bei mir auf? Brauchen diese nicht nur mehr Nahrung? Wie gehe ich mit Verletzen, Schwachen und Kranken um? Wem gegenüber fühle ich mich wozu verpflichtet? – Das Spiel spricht also Aspekte an wie beispielsweise Nihilismus, Selbstjustiz, Assistenz bei der Selbststötung und gesellschaftliche Organisationsformen.

Ablauf und vorgeschlagene ethische Dilemmata:

Am besten ist es, das Spiel im Plenum zu spielen, d. h. eine Person sitzt vorne und spielt, alle anderen sind an den Entscheidungen über Zurufen z. B. beteiligt. Mittlerweile bietet sich dafür aber auch das ‚Crowd Play‘ von Telltale Games an (siehe unten), das eine technisch einfache und nahezu geniale Möglichkeit der Einflussnahme bietet. Dies ist insbesondere der Fall, weil die Entscheidungen im Spiel zeitabhängig getroffen werden müssen – lange Debatten sind nur durch ein Pausieren möglich.
Daher ist es wichtig, dass die Teilnehmenden vor dem Eintreten einer Entscheidung schon mit dem ethischen Dilemma, bzw. entsprechenden philosophischen Debatten betraut sind. In der ersten Episode des Spiels bieten sich folgende Dilemmata an:

  1. Dilemma: Soll man lügen oder die Wahrheit sagen, wenn die Wahrheit dazu führen könnte, dass die anderem einem misstrauen? Diese Frage könnte man mit Hilfe von Aristoteles Tugendethik debattieren.
  2. Dilemma: Wer soll gerettet werden: Ein junger Mann, der sicherlich eine gute Ergänzung für das Team wäre, oder ein junges Kind, das vermutlich eher eine Belastung wird. Hier könnte mit der konsequentialistischen gegenüber der deontologischen Ethik gearbeitet werden.
  3. Dilemma: Ein Kind wurde mit dem Zombie-Virus infiziert. Wie geht die Gruppe damit um? Hier kommen verschiedene ethische Ansätze in Betracht, unter anderem auch Kants kategorischer Imperativ.

Technische Anmerkungen:

  • Die erste Episode des Spiels ist kostenlos verfügbar und lässt sich auch für Anfänger*innen leicht mit einer Konsole steuern!
  • Das Spiel an sich ist leicht zu lernen und fordert nur wenige Minuten Einarbeitung für die Lehrperson. Um die Geschichte mit entsprechendem philosophischen Ansätzen begleiten zu können, ist es jedoch wichtig, die erste Episode einmal durchzuspielen.
  • Das Spiel ist (noch) nicht auf Deutsch publiziert, bietet jedoch deutsche Untertitel an.
  • Das Spiel ist für alle gängigen Plattformen erhältlich, sowohl PC, XBox als auch Playstation.
  • Telltale Games hat mittlerweile die Funktion ‚CrowdPlay‘ integriert – hier können sich ganz einfach alle Teilnehmenden kostenlos registrieren und dann am Spiel mit teilnehmen. Dies funktioniert mit jedem Smartphone oder anderem Browser-Zugang. Je nach Auswahl entscheidet entweder das Mehrheits-Votum, was passiert, oder der*die Spieler*in überschreibt bewusst, was entschlossen wurde. Letzteres biete auch eine interessante Gruppendynamik und könnte pädagogisch eingebaut werden.

Die Methode basiert auf einer Idee von Tobias Staaby, einem Lehrer der Oberstufe in Nordahl Grieg, Norwegen. Die Methode wurde originär in Englisch hier publiziert und nun auf Digitale Spielewelten mit Aktualisierungen, Erweiterungen und Abänderungen vorgestellt.


Titelbild: The Walking Dead, Telltale Games, Skybound Games 2012.


Dauer
im Idealfall mehrere aufeinander aufbauende Einheiten, jeweils ca. 45 Minuten

Sozialform
Gruppenarbeit, Plenum

Methoden-Ziele
Wissensvermittlung, Reflexion

Zielgruppe
Jugendliche, Erwachsene, Studierende, Multiplikator*innen

Praxisfelder
Schule, Studium, Aus- und Weiterbildung

Pädagogische Besonderheiten
Ethik, Moral, Philosophie

Technische Hilfsmittel
Computer, Anwendungssoftware, Spielekonsole, Spielesoftware, Smartphone, Tablet, Lautsprecher, Internetzugang, –> Benötigte Technik ist stark abhängig von der geplanten Umsetzung, ein niedrigschwelliger Zugang mit BYOD ist möglich!

Das Spiel ist in Deutschland ab 18 Jahren frei gegeben und sollte dementsprechend umsichtig genutzt werden.

Creative Commons

Der/die Autor*in hat diese Methode unter einer Creative Commons Lizenz veröffentlich. Das bedeutet, dass Sie die Methode mit wenigen Einschränkungen nutzen und ggf. weiterveröffentlichen dürfen.

Die Lizenzbedingungen, unter denen diese Methode und zugehörige Materialien genutzt werden dürfen, stehen online zur Einsicht bereit.

Hier geht es zu den Lizenz-Informationen.

Institut Spielraum

angelegt an der:

TH Köln
Forschungsschwerpunkt Medienwelten
Institut für Medienforschung und Medienpädagogik
Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften

Projekt: „Ethik und Games“ (2016-2018), gefördert von BMFSFJ, bpb und dem MKFFI NRW.

Ansprechpartner*in: Maike Groen

Kontakt: spielraum@th-koeln.de

Webseite: http://th-koeln.de/spielraum