Computer- und Videospiele bieten viele gute Anknüpfungspunkte für den Einsatz im Unterricht – so können ausgewählte Spielinhalte, die Narration oder Darstellungsform beschrieben und analysiert werden. Zudem kann das Medium durch die ihm eigenen Formen der Interaktion und Immersion besondere Erfahrungsdimensionen schaffen, welche für Lehr- und Lernerfahrungen genutzt werden können.
Die hier vorgestellte Methode zeigt, wie das Computerspiel Papers, Please (3909 LLC) Inhalte für den Unterricht liefert und als Anregung für ein Rollenspiel dient, welches Schüler*innen ab 14 Jahren für Themen wie Migration, Flucht, individuelle Schicksale, soziale Herkunft, Einreisepolitik, fehlende Chancengleichheit u. a. sensibilisieren kann. Und da der Einsatz digitaler Spiele im Schulkontext immer noch viele Herausforderungen beinhaltet, funktioniert diese Methode zur Not auch gänzlich ohne den Einsatz der digitalen Spielvorlage.
Im mehrfach ausgezeichneten Spiel Papers, Please schlüpfen Spielende – so die Kurzfassung – in die Rolle eines Kontrolleurs, der am Grenzübergang des fiktiven Staates Arstotzka die Papiere Einreisewilliger kontrollieren und mit den sich täglich ändernden Einreisebestimmungen abgleichen muss. Neben den stetig wachsenden Druck auf den Kontrolleur durch strengere Kontrollen, höherem Arbeitstempo, moralischen Dilemmata und empfindlichen Lohnabzügen für Fehler bei der Kontrolle, wartet im Hintergrund die eigene Familie am Existenzminimum darauf, dass genug Geld verdient wird, um überleben zu können.
Um das geplante Rollenspiel stärker an die Lebenswirklichkeit der Schüler*innen heran zu rücken wird das beschriebene Szenario eines Grenzübergangs komplett ausgetauscht. Ebenfalls anders als in der Spielvorlage verlagert sich der Aufmerksamkeitsfokus von der Figur des Kontrolleurs hin zu denen, die kontrolliert werden. Das neue Szenario beschreibt eine Schule im Jahr 2022, die den qualifiziertesten Schüler*innen die bestmöglichste Ausbildung gewährleisten möchte und aus diesem Grund vermeintlich störende Subjekte durch strenge Kontrollen tageweise vom Unterricht ausschließt. So werden an einem Tag z. B. Schüler*innen, die aus einem bestimmten Stadtteil kommen oder das falsche Lieblingsfach angegeben haben, nicht unterrichtet.
Die nicht beeinflussbaren und sich stetig ändernden Einlassbeschränkungen erzwingen ein Gefühl der Machtlosigkeit an der Kontrollstation. Aspekte wie Willkür, Ausgeliefertsein oder Kontrolle durch und über andere sind zentrale Punkte, die nach der Rollenspielphase in der Reflexion bearbeitet werden. Der Bezug zum Spiel Papers, Please kann wieder hergestellt und die dort behandelnden Themen aufgegriffen und vertieft werden.
In der Methode werden alle Spielregeln und Anweisungen für die Vor- und Nachbereitung beschrieben. Editierbare Druckvorlagen für Pässe, Bonuskarten und Einlassregeln werden selbstverständlich direkt mitgeliefert.
Diese Methode ist im Rahmen des vom BMFSFJ, der bpb und des MFKJKS NRW geförderten Projekts „Ethik und Games“ an der TH Köln entstanden.
Titelbild: Papers, Please, Lucas Pope 2013.